Sprache des Dokuments : ECLI:EU:C:2000:274

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

DÁMASO RUIZ-JARABO COLOMER

vom 18. Mai 2000 (1)

Rechtssache C-157/99

B. S. M. Geraets-Smits

gegen

Stichting Ziekenfonds VGZ

H. T. M. Peerbooms

gegen

Stichting CZ Groep Zorgverzekeringen

(Vorabentscheidungsersuchen der Arrondissementsrechtbank Roermond)

„Dienstleistungsfreiheit - Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) und 60 EG-Vertrag (jetzt Artikel 50 EG) - Krankenversicherung - Sachleistungssystem - Vertragliche Vereinbarung zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer - In einem anderen Mitgliedstaat entstandene Kosten für Krankenhauspflege - Vorherige Genehmigung - Kriterien - Rechtfertigungsgründe“

1.
    Im vorliegenden Fall hat die Arrondissementsrechtbank Roermond (Niederlande) dem Gerichtshof gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, um zwei bei ihr anhängige Rechtsstreitigkeiten entscheiden zu können. Sie fragt im Wesentlichen, ob die Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) und 60 EG-Vertrag (jetzt Artikel 50 EG) einer von einem Mitgliedstaat auf dem Gebiet der Pflichtkrankenversicherung erlassenen Regelung entgegenstehen, wonach Versicherten, wollen sie nicht ihre Kosten ohne Anspruch auf Erstattung selbst zu tragen haben, eine Genehmigung ihrer Krankenkasse benötigen, wenn sie Leistungen von im gleichen Staat oder im Ausland ansässigen Freiberuflern oder medizinischen Einrichtungen in Anspruch nehmen wollen, mit denen die Kasse keinen Vertrag geschlossen hat.

I -    Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften und die Pflichtkrankenversicherung

2.
    Wie den Akten zu entnehmen ist, sind in den Niederlanden Arbeitnehmer, deren Einkünfte eine bestimmte Höhe nicht überschreiten(2), sowie gleichgestellte Personen nach dem Gesetz zur Regelung der Krankenversicherung (Ziekenfondswet), das die gewöhnliche medizinische Versorgung betrifft, gegen Krankheit pflichtversichert(3).

3.
    Nach Artikel 5 Absatz 1 dieses Gesetzes haben sich Personen, die in dessen Anwendungsbereich fallen, einer Krankenkasse anzuschließen, die in der Gemeinde, in der sie wohnen, tätig ist(4); die Kasse ist verpflichtet, sie aufzunehmen. Es handelt sich um ein System, das lediglich die Erbringung medizinischer Sachleistungen vorsieht; die Versicherten haben somit keinen Anspruch auf Erstattung der ihnen entstehenden Krankheitskosten, sondern lediglich auf kostenlose Fürsorge.

4.
    Nach Artikel 3 der durch Königliche Verordnung vom 16. Dezember 1997 geänderten Königlichen Verordnung vom 4. Januar 1966 über Leistungen (Verstrekkingenbesluit) umfasst die medizinische Versorgung u. a. Leistungen von Haus- und Facharzt „in dem Umfang, der sich danach bestimmt, was in ärztlichen Kreisen üblich ist“. Entscheidend ist hierbei, was in ärztlichen Kreisen der Niederlande als üblich angesehen wird. Im Allgemeinen wird eine Behandlung nichtals üblich anerkannt, wenn sie nicht angewandt oder empfohlen wird, weil sie nicht hinreichend durch internationale oder nationale wissenschaftliche Forschung untermauert ist. Es kommt darauf an, inwieweit eine Behandlung als fachlich angemessenes Vorgehen angesehen und, wenn sie auf einer gediegenen wissenschaftlichen Grundlage beruht, als Leistung im Sinne der Ziekenfondswet anerkannt wird.

5.
    Artikel 9 dieses Gesetzes regelt den Anspruch auf Leistungen; soweit hier von Interesse, bestimmt er folgendes:

„1.    Ein Versicherter, der seinen Anspruch auf eine Leistung geltend machen will, hat sich dafür ... an eine Person oder Einrichtung zu wenden, mit der die Krankenkasse, der er angehört, zu diesem Zweck einen Vertrag geschlossen hat ...

2.    Vorbehaltlich der Regelung in Absatz 5 und der Vorschriften über den Krankentransport ... kann der Versicherte zwischen den in Absatz 1 genannten Personen und Einrichtungen wählen.

...

4.    Die Krankenkasse kann dem Versicherten abweichend von den Absätzen 1 und 2 die Genehmigung erteilen, sich für die Geltendmachung seines Anspruchs an eine andere Person oder Einrichtung in den Niederlanden zu wenden, wenn dies für seine medizinische Versorgung notwendig ist. In welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen dem Versicherten die Genehmigung erteilt werden kann, sich für die Geltendmachung seines Leistungsanspruchs an eine Person oder Einrichtung außerhalb der Niederlande zu wenden, kann Unser Minister bestimmen.

...“

6.
    Das Erfordernis, eine solche Genehmigung zu erwirken, ist in Artikel 1 der Regeling hulp in het buitenland ziekenfondsverzekering (Regelung über von der Krankenversicherung gedeckte Versorgung im Ausland) vom 30. Juni 1988(5) niedergelegt; dort heißt es:

„Als Fälle, in denen eine Krankenkasse einem Versicherten die Genehmigung erteilen kann, sich für die Geltendmachung seines Leistungsanspruchs an Personen oder Einrichtungen außerhalb der Niederlande zu wenden, gelten diejenigen Fälle,in denen nachgewiesen ist, dass dies für die medizinische Versorgung des Versicherten notwendig ist.“(6)

7.
    Um den Versicherten Sachleistungen anbieten zu können, müssen die Krankenkassen nach Artikel 44 Absatz 1 der Ziektefondswet Verträge mit Personen und Einrichtungen schließen, die eine oder mehrere Arten von Versorgungsleistungen erbringen. Artikel 44 Absatz 3 bestimmt teilweise den Inhalt der Verträge; dazu gehören Art und Umfang der Pflichten und Rechte der Parteien, Form, Qualität, Wirksamkeit und Kosten der zu gewährenden Leistungen sowie die Kontrolle der Einhaltung der Abmachungen. Erfüllt der Arzt oder die Einrichtung nicht die vereinbarten Bedingungen, so kann die Kasse den Vertrag kündigen.

Die Verträge befassen sich jedoch nicht mit der Finanzierung der medizinischen Versorgung. Diese ist vielmehr in dem Gesetz über die Finanzierung der Krankenfürsorge (Wet tarieven gezondheidszorg) geregelt, soweit es sich um in den Niederlanden erbrachte Leistungen handelt; was die Versorgung im Ausland angeht, so können die Kassen hierüber mit den Freiberuflern und medizinischen Einrichtungen frei verhandeln.

Die Krankenkassen genießen beim Abschluss von Verträgen mit Ärzten und medizinischen Einrichtungen weitgehende Freiheit. Sie unterliegen indessen zwei Einschränkungen: Zum einen sind sie auf Antrag einer medizinischen Einrichtung, die im Tätigkeitsgebiet einer Kasse ansässig ist oder an die sich die örtliche Bevölkerung regelmäßig wendet, verpflichtet, mit dieser Einrichtung einen Vertrag zu schließen; zum anderen dürfen sie Verträge nur mit Personen, die zur Durchführung der in Rede stehenden Versorgung befugt sind, und mit zugelassenen Einrichtungen schließen.

8.
    Wie das vorlegende Gericht in seinem Beschluss ausführt, hat der Centrale Raad van Beroep entschieden, dass, wenn einem Versicherten die Genehmigung versagt worden ist, sich auf Kosten der Krankenkasse einer medizinischen Behandlung im Ausland zu unterziehen, zunächst zu prüfen ist, ob diese alsLeistung im Sinne des inländischen Rechts angesehen werden kann, wobei darauf abzustellen ist, ob sie „in ärztlichen Kreisen üblich ist“.(7)

Ist die Voraussetzung der Üblichkeit erfüllt, so ist weiterhin zu prüfen, ob Artikel 9 Absatz 4 des Krankenkassengesetzes in Verbindung mit Artikel 1 der Regelung über von der Krankenversicherung gedeckte Versorgung im Ausland einer Genehmigung entgegensteht. Zu diesem Zweck wird auf das Kriterium der Notwendigkeit der medizinischen Versorgung für den Versicherten zurückgegriffen und geprüft, ob die Behandlung im Ausland unter Berücksichtigung der in den Niederlanden praktizierten Methoden aus medizinischer Sicht erforderlich ist.

II -    Der Sachverhalt in der Rechtssache Geraets-Smits/Stichting Ziekenfonds

9.
    Frau Geraets-Smits, Klägerin in einer der beiden Rechtssachen, geboren am 6. Juni 1928 und seit Jahren an der parkinsonschen Krankheit leidend, beantragte am 5. September 1996 bei der Stichting Ziekenfonds, der beklagten Einrichtung, die Erstattung des Rechnungsbetrags, den sie an die Elena-Klinik in Kassel (Deutschland) gezahlt hatte, die auf die kategoriale und multidisziplinäre Behandlung der genannten Krankheit spezialisiert ist. Die Patienten werden für drei bis sechs Wochen aufgenommen; in diesem Zeitraum werden sie zu dem Zweck untersucht und behandelt, eine ideale Anwendung der Medikamente zu erreichen. Außerdem erhält der Patient in der Klinik eine physio- und ergotherapeutische Behandlung sowie eine sozialpsychologische Betreuung.

10.
    Mit Bescheid vom 30. September 1996, bestätigt durch Bescheid vom 28. Oktober 1996, teilte die beklagte Stelle der Klägerin mit, es werde keine Erstattung aufgrund der Ziekenfondswet gewährt. Grund für die Ablehnung war, dass die Krankheit in den Niederlanden ausreichend und angemessen behandelt werden könne, weswegen es nicht notwendig sei, auf eine kategoriale klinische Behandlung in der Elena-Klinik zurückzugreifen.

11.
    Da die Klägerin mit diesem Bescheid nicht einverstanden war, beantragte sie eine Stellungnahme des Krankenkassenrates (Ziekenfondsraad). Dessen Beschwerdeausschuss (Commissie voor Beroepzaken) nahm am 7. April 1997 dahingehend Stellung, sowohl der Bescheid der Beklagten als auch dessen Begründung seien zutreffend. Die Klägerin erhob daraufhin bei der Rechtbank Klage gegen den Bescheid und machte geltend, die kategoriale klinische Behandlung in Deutschland sei mit Sicherheit wirksamer als die zersplitterte Vorgehensweise in den Niederlanden.

12.
    In der ersten mündlichen Verhandlung am 25. September 1997 legte die Klägerin ein Schreiben des Neurologen, der sie behandelt hatte, vom 11. des gleichen Monats vor, in dem ausgeführt wurde, es lägen ausreichende Gründe für die Genehmigung einer Behandlung in der deutschen Klinik vor. Die Rechtbank bestellte daraufhin einen neurologischen Sachverständigen, der im Februar des folgenden Jahres ein Gutachten vorlegte, demzufolge weder klinisch noch wissenschaftlich feststeht, dass die kategoriale Methode besser ist und daher keine objektive medizinische Indikation für die Behandlung in der deutschen Klinik vorliegt.

III -    Der Sachverhalt in der Rechtssache Peerbooms/Stichting CZ Groep Zorgverzekeringen

13.
    Herr Peerbooms, Kläger in der anderen Rechtssache, geboren am 8. April 1961, fiel infolge eines am 10. Dezember 1996 erlittenen Verkehrsunfalls ins Koma. Der ihn behandelnde Neurologe beantragte am 24. Februar 1997 bei der Stichting CZ Groep Zorgverzekeringen, der beklagten Einrichtung, die Erstattung der durch seine Behandlung in der Universitätsklinik Innsbruck (Österreich) entstandenen Kosten.

In dieser Krankenanstalt wird eine spezielle intensive Neurostimulationstherapie angewandt, die in den Niederlanden nur auf Versuchsbasis in Reha-Zentren in Tilburg und in Utrecht praktiziert wird. Der Kläger wurde in keines dieser Zentren aufgenommen, weil sie im Rahmen ihrer Versuche keine Patienten annehmen, die älter als 25 Jahre sind. Er sollte daher in das Reha-Zentrum Hoensbroeck verlegt werden, wo die in Rede stehende Therapie nicht angewandt wird. Daher wurde er am 22. Februar 1997(8) in vegetativem Zustand in die Innsbrucker Klinik eingeliefert. Nachdem er dort der Spezialtherapie unterzogen worden war, erwachte er aus dem Koma und erlangte wieder das volle Bewusstsein. Am 20. Juni 1997 wurde er entlassen und in die Reha-Klinik Hoensbroeck überführt, um dort seine Genesung fortzusetzen.

14.
    Mit Bescheid vom 26. Februar 1997 wurde - nach der Stellungnahme des Vertrauensarztes - der Antrag des Neurologen mit der Begründung abgelehnt, der Patient könne in einer Vertragsklinik seiner Krankenkasse oder, falls dies nicht möglich sei, in einer niederländischen Krankenanstalt, mit der die Kasse keinenVertrag geschlossen habe, angemessen medizinisch versorgt werden. Der Neurologe stellte daraufhin einen neuen, ausführlicheren Antrag, der am 5. März des gleichen Jahres wiederum abgelehnt wurde. Die eingereichte Beschwerde wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die Krankenkasse blieb - ebenso wie der Beschwerdeausschuss - nach erneuter Anhörung des Vertrauensarztes bei ihrer Auffassung, nach den gegenwärtigen medizinischen Erkenntnissen sei die Behandlung von Komapatienten in Innsbruck nicht höherwertig als die in den Niederlanden erbrachten Leistungen; es sei daher nicht notwendig, sich zur Behandlung nach Österreich zu begeben.

15.
    Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid Klage. Die Arrondissementsrechtbank bestellte auch einen Sachverständigen, der sein Gutachten am 12. Mai 1998 erstattete. Nach seiner Auffassung gab es in den Niederlanden keine für den Kläger geeignete und angemessene Behandlung, so wie sie in Innsbruck praktiziert werde, mit Ausnahme der Zentren von Tilburg und Utrecht, in die er wegen Überschreitens des festgesetzten Höchstalters nicht aufgenommen worden war; die im Reha-Zentrum Hoensbroeck praktizierte Therapie wäre nicht angemessen gewesen. Der Neurologe der Krankenkasse beharrte gegenüber diesem Gutachten auf dem Versuchscharakter der Behandlung sowie darauf, dass diese noch nicht wissenschaftlich anerkannt sei. Zu diesem Punkt befragt, erstattete der erste Sachverständige am 31. August 1998 ein zusätzliches Gutachten, in dem er seine bisherige Auffassung aufrechterhielt.

IV -    Die Vorlagefragen

16.
    Um diese beiden Rechtsfragen entscheiden zu können, hat die Arrondissementsrechtbank Roermond dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.    a)    Sind die Artikel 59 und 60 EG-Vertrag dahin auszulegen, dass sie einer Bestimmung wie Artikel 9 Absatz 4 der Ziekenfondswet in Verbindung mit Artikel 1 der Regeling hulp in het buitenland ziekenfondsverzekering entgegenstehen, soweit diese vorsieht, dass ein bei einer Krankenkasse Versicherter deren vorherige Genehmigung benötigt, um sich zur Geltendmachung seines Anspruchs auf Leistungen an eine Person oder Einrichtung außerhalb der Niederlande wenden zu dürfen?

    

    b)    Wie lautet die Antwort auf die Frage 1a, wenn die dort genannte Genehmigung versagt oder nicht erteilt wird, weil die betreffende Behandlung in dem anderen Mitgliedstaat nicht als „in ärztlichen Kreisen üblich“ und daher nicht als Leistung im Sinne von Artikel 8 des Ziekenfondswet betrachtet wird? Macht es dabei einen Unterschied, ob allein auf die Auffassungen der niederländischen Ärzte abgestellt wird und ob dabei nationale oder internationalewissenschaftliche Maßstäbe angelegt werden, und falls ja, in welcher Hinsicht? Ist es ferner erheblich, ob die Kosten für die betreffende Behandlung nach dem gesetzlichen System der sozialen Sicherheit des anderen Mitgliedstaats erstattet werden?

    

    c)    Wie lautet die Antwort auf die Frage 1a, wenn die Behandlung im Ausland als gebräuchlich und daher als Leistung betrachtet, die in Frage 1a genannte Genehmigung jedoch mit der Begründung versagt wird, auch eine unter Vertrag stehende niederländische Einrichtung könne rechtzeitig eine angemessene Versorgung leisten, so dass eine Behandlung im Ausland für die medizinische Versorgung nicht notwendig sei?

2.    Wenn das Genehmigungserfordernis eine Beeinträchtigung des in den Artikeln 59 und [60] EG-Vertrag niedergelegten Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt, sind dann die von den Beklagten angeführten zwingenden Gründe des allgemeinen Interesses ausreichend, um diese Beeinträchtigung als gerechtfertigt zu erachten?

V -    Die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts

17.
    Artikel 59 EG-Vertrag lautet: „Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, werden während der Übergangszeit nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen schrittweise aufgehoben.

...“

18.
    Artikel 60 EG-Vertrag bestimmt: „Dienstleistungen im Sinne dieses Vertrags sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.

Als Dienstleistungen gelten insbesondere:

...

d) freiberufliche Tätigkeiten.

...“

19.
    Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71(9), der u. a. den Fall regelt, dass ein Arbeitnehmer oder Selbständiger oder eines von deren Familienmitgliedern genötigt ist, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um eine angemessene Behandlung zu erhalten, bestimmt, soweit hier von Interesse, folgendes:

„1.    Ein Arbeitnehmer oder Selbständiger, der die nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates für den Leistungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Artikels 18, erfüllt und

...

c)    der vom zuständigen Träger die Genehmigung erhalten hat, sich in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zu begeben, um dort eine seinem Zustand angemessene Behandlung zu erhalten,

hat Anspruch auf:

i)    Sachleistungen für Rechnung des zuständigen Trägers vom Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften, als ob er bei diesem versichert wäre; die Dauer der Leistungsgewährung richtet sich jedoch nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates;

...

2.     ...

Die nach Absatz 1 Buchstabe c) erforderliche Genehmigung darf nicht verweigert werden, wenn die betreffende Behandlung zu den Leistungen gehört, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats vorgesehen sind, in dessen Gebiet der Betreffende wohnt, und wenn er in Anbetracht seines derzeitigen Gesundheitszustands und des voraussichtlichen Verlaufs der Krankheit diese Behandlung nicht in einem Zeitraum erhalten kann, der für diese Behandlungen in dem Staat, in dem er seinen Wohnsitz hat, normalerweise erforderlich ist.

...“

VI -    Die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofes zum freien Dienstleistungsverkehr mit Bezug auf die Erstattung in einem anderen Mitgliedstaat entstandener Krankheitskosten

20.
    Am 28. April 1998 hat der Gerichtshof seine Urteile in den Rechtssachen Decker(10) und Kohll(11) erlassen. Beide Entscheidungen sind von der Rechtslehre ausführlich kommentiert worden(12); bei ihrer Verkündung wurde befürchtet, dass sie den nationalen Systemen der sozialen Sicherheit unermesslichen finanziellen Schaden verursachen würden.(13) Zum Urteil Decker will ich mich nicht näher äußern, denn der Sachverhalt betraf den Kauf einer Brille und beschränkte sich daher auf den Bereich des freien Warenverkehrs.(14)

21.
    Im Urteil Kohll ging es dagegen um eine grenzüberschreitende Dienstleistung. Die Vorlagefragen hatte die luxemburgische Cour de cassation gestellt, um über die Klage des Herrn Kohll gegen eine Entscheidung seiner Krankenkasse entscheiden zu können, mit der es abgelehnt worden war, seiner Tochter das Aufsuchen eines Zahnarztes in Deutschland zu gestatten, und zwar mit der Begründung, die Behandlung sei nicht eilig und könne in Luxemburg erfolgen.

22.
    Zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf eine außerhalb jeglicher Krankenhaus-Infrastruktur vorgenommene Behandlung durch einen in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Zahnarzt führte der Gerichtshof aus, da diese Leistung entgeltlich erfolgt sei, habe es sich um eine Dienstleistung im Sinne von Artikel 60 des Vertrages gehandelt, der ausdrücklich die freiberuflichen Tätigkeiten erwähne.

23.
    Zu den einschränkenden Wirkungen bemerkte der Gerichtshof, die luxemburgische Regelung hindere die Versicherten nicht daran, sich an einenDienstleistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat zu wenden, mache jedoch die Erstattung der in diesem Mitgliedstaat anfallenden Kosten von einer vorherigen Genehmigung abhängig, während es für die Erstattung der im Versicherungsstaat entstandenen Kosten keiner Genehmigung bedürfe. Eine solche Regelung halte daher die Sozialversicherten davon ab, sich an ärztliche Dienstleistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat zu wenden, und stelle sowohl für diese als auch für ihre Patienten eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs dar(15).

24.
    Zur Rechtfertigung dieser Regelung waren eine Reihe von Gründen vorgebracht worden, nämlich die Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit, der Schutz der öffentlichen Gesundheit, der die Notwendigkeit, die Qualität der ärztlichen Leistungen zu gewährleisten, wie das Ziel umfasse, eine ausgewogene, allen zugängliche ärztliche und klinische Versorgung sicherzustellen.

25.
    Zu dem ersten Punkt stellte der Gerichtshof fest, die Erstattung der Kosten einer in einem anderen Mitgliedstaat erfolgten Zahnbehandlung habe in Anbetracht der Tarife des Versicherungsstaats keine wesentlichen Auswirkungen auf die Finanzierung des Systems der sozialen Sicherheit, da der luxemburgische Träger jeweils die gleichen finanziellen Belastungen zu tragen habe, ob der Versicherte nun einen luxemburgischen oder einen in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Zahnarzt aufsuche.

26.
    Was den Schutz der öffentlichen Gesundheit angeht, so erinnerte der Gerichtshof unter den Randnummern 45 und 46 seines Urteils daran, dass die Mitgliedstaaten zwar den freien Dienstleistungsverkehr aus Gründen der öffentlichen Gesundheit einschränken könnten, dies ihnen jedoch nicht erlaube, den Gesundheitssektor als Wirtschaftssektor hinsichtlich des Dienstleistungsverkehrs vom elementaren Grundsatz des freien Verkehrs auszunehmen(16). Da die Bedingungen des Zugangs zur ärztlichen und zahnärztlichen Tätigkeit sowie deren Ausübung Gegenstand einer Reihe von Koordinierungs- oder Harmonisierungsrichtlinien(17) gewesen seien, müssten in anderen Mitgliedstaatenniedergelassene Ärzte und Zahnärzte für die Zwecke des freien Dienstleistungsverkehrs als ebenso qualifiziert anerkannt werden wie im Inland niedergelassene; eine Regelung wie die luxemburgische könne nicht unter Berufung auf Gründe des öffentlichen Gesundheitsschutzes damit gerechtfertigt werden, dass die Qualität in anderen Mitgliedstaaten erbrachter ärztlicher Leistungen gewährleistet werden müsse.

Des weiteren räumte der Gerichtshof ein, das Ziel, eine ausgewogene, allgemein zugängliche ärztliche und klinische Versorgung aufrechtzuerhalten, sei zwar eng mit der Finanzierung des Systems der sozialen Sicherheit verbunden, könne aber auch zu den Ausnahmen aus Gründen der öffentlichen Gesundheit nach Artikel 56 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 46 EG) zählen, da es zur Erzielung eines Gesundheitsschutzes auf hohem Niveau beitrage. Artikel 56 erlaube es den Mitgliedstaaten, den freien Dienstleistungsverkehr im Bereich der ärztlichen und klinischen Versorgung insoweit einzuschränken, als die Erhaltung eines bestimmten Umfangs der medizinischen und pflegerischen Versorgung oder eines bestimmten Niveaus der Heilkunde im Inland für die Gesundheit oder gar das Überleben ihrer Bevölkerung erforderlich sei.

Da nicht nachgewiesen sei, dass die streitige Regelung zur Erreichung der beiden genannten Ziele notwendig sei, könne diese Regelung nicht aus Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt werden.

VII -    Das Verfahren vor dem Gerichtshof

27.
    Die meisten Kommentatoren der Urteile Decker und Kohll bewerten das Ergebnis, zu dem der Gerichtshof gelangt ist, positiv(18); es reihe sich logisch in die Rechtsprechung des Gerichtshofes zum freien Dienstleistungs- und Warenverkehr ein(19). Beide Urteile haben indessen zahlreiche Fragen offen gelassen, da sie nichtdarüber entschieden haben, ob diese Rechtsprechung auch für die medizinische Versorgung in Krankenhäusern gilt(20) und ob sich ihr Anwendungsbereich auf diejenigen Systeme der sozialen Sicherheit beschränkt, die wie das luxemburgische für Rechnung des Patienten bezahlen oder ihm die Kosten seiner klinischen und medizinischen Versorgung ganz oder teilweise erstatten(21), oder ob er sich im Gegenteil auf diejenigen Systeme erstreckt, die wie das niederländische so gestaltet sind, dass sie die medizinische Versorgung der Versicherten in Form von Sachleistungen gewährleisten(22). Eben dies ist die Frage, die der Gerichtshof in seinem Urteil in der vorliegenden Rechtssache zu beantworten haben wird(23).

28.
    Außer der Stichting CZ Groep Zorgverzekeringen, der von Herrn Peereboom vor der Arrondissementsrechtbank Roermond verklagtenKrankenkasse, und der Kommission haben zehn der fünfzehn Mitgliedstaaten(24) innerhalb der in Artikel 20 der EG-Satzung des Gerichtshofes vorgesehenen Frist schriftliche Erklärungen eingereicht, nämlich Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Irland, die Niederlande, Portugal, Finnland, Schweden und das Vereinigte Königreich. Hinzu kommen zwei Staaten, die zum Europäischen Wirtschaftsraum gehören, nämlich Island und Norwegen. Dies beweist eindeutig, welch starke Erwartungen die die aufgeworfenen Fragen geweckt haben und mit welchem Interesse man der Entscheidung des Gerichtshofs entgegensieht .

29.
    In der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2000 haben die Vertreter der beiden in den Ausgangsverfahren beklagten Krankenkassen, die Bevollmächtigten der dänischen, der deutschen, der französischen, der irischen, der niederländischen, der österreichischen, der finnischen, der schwedischen, der britischen und der isländischen Regierung sowie die Kommission Ausführungen gemacht.

30.
    Die Stichting Ziekenfonds VGZ, die von Frau Geraets-Smits verklagte Krankenkasse, ist der Auffassung, es stehe den Mitgliedstaaten frei, wie sie ihre Systeme der sozialen Sicherheit organisieren wollten; die Vorschriften des Vertrages könnten nicht verhindern, dass eines dieser Systeme auf der Grundlage von Verträgen arbeite, die die Kassen mit Freiberuflern und medizinischen Einrichtungen geschlossen hätten, den Stellen, die als einzige die Versicherten versorgen könnten. Gehe man von dieser Voraussetzung aus, so könnten auch die Einschränkungen, die mit einem lediglich Sachleistungen zulassenden System wie dem niederländischen verbunden seien, nicht mit dem Vertrag unvereinbar sein.

Für den Fall, dass der Gerichtshof gegenteiliger Ansicht sein sollte, macht die Kasse geltend, die Bedingungen, von denen die Erteilung der Genehmigung für die Inanspruchnahme eines nicht unter Vertrag stehenden Leistungserbringers abhänge, seien nicht diskriminierend; die Kasse betont die Unterschiede zwischen den jeweils in den Niederlanden und in Luxemburg bestehenden Pflichtkrankenversicherungen und folgert hieraus, dass die Rechtsprechung im Fall Kohll auf das erstgenannte System nicht anwendbar sei.

31.
    Die von Herrn Peerbooms verklagte Krankenkasse führt aus, der niederländische Gesetzgeber habe die medizinische Versorgung so organisiert, dass sie sich auf eine Skala von Leistungen beschränke, die in ärztlichen Kreisen üblich seien; diese Leistungen beruhten auf Behandlungen, deren Wirksamkeit wissenschaftlich erwiesen sei. Es komme insoweit nicht darauf an, ob eine Leistung, die in den Niederlanden nicht als solche angesehen werde, in einem anderen Mitgliedstaat erstattungsfähig sei. Die von den Krankenkassen mit Freiberuflern und medizinischen Einrichtungen geschlossenen Verträge regelten Kosten und Qualität der Versorgung und gewährleisteten die Aufrechterhaltung des finanziellen Gleichgewichts des Systems durch Festlegung eines budgetairen Rahmens, Begrenzung der Kapazität und gesetzliche Regelung der Finanzierung. Ob der Versicherte in den Niederlanden rechtzeitig medizinisch versorgt werden könne, sei gegenwärtig für die Genehmigung einer Behandlung im Ausland nicht mehr entscheidend; es komme vielmehr auf den Nachweis an, dass er von einem Freiberufler oder einer Einrichtung versorgt werden könne, mit dem oder der die Kasse einen Vertrag geschlossen habe, ohne Rücksicht darauf, in welchem Staat sie ansässig seien. Dagegen bedürfe die Versorgung durch Stellen, die keinen Vertrag mit der Krankenkasse geschlossen hätten, nach wie vor einer vorherigen Genehmigung.

Die beklagte Kasse weist darauf hin, dass eine grenzüberschreitende medizinische Versorgung in den Euregionen Rhein/Waal und Maas/Rhein versuchsweise in die Wege geleitet worden sei, ohne dass sich ein massiver Zustrom von Kranken nach Belgien oder Deutschland hätte feststellen lassen(25).

32.
    Die von den beteiligten Staaten in ihren Bemerkungen vorgetragenen Auffassungen werde ich nicht getrennt darlegen, sondern mich, da sie größtenteils übereinstimmen, mit einer Zusammenfassung begnügen.

Geht man von den Äußerungen der einzelnen Staaten aus, so lassen sich die von diesen eingenommenen Standpunkte in zwei große Gruppen einteilen. Die die erste bildenden Staaten Belgien, Frankreich und Österreich vertreten die Auffassung, die im Rahmen eines öffentlichen Systems der sozialen Sicherheit gewährte medizinische Versorgung sei eine Leistung im Sinne von Artikel 60 des Vertrages. Die Staaten der zweiten Gruppe, nämlich Deutschland, Irland, die Niederlande, das Vereinigte Königreich, Dänemark, Schweden, Finnland und Island, meinen, die von einem auf der Grundlage von Sachleistungen organisierten System der sozialen Sicherheit gewährte medizinische Versorgung stelle keine Leistung im Sinne dieser Vorschrift dar. Portugal und Norwegen äußern sich nicht zu dieser Frage.

Die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Staaten enden hier, denn diese stimmen sämtlich darin überein, dass das Erfordernis der vorherigen Genehmigung der Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat durch den zuständigen Träger des Versicherungsstaats zwar den freien Dienstleistungsverkehr behindere, jedoch gerechtfertigt sei.

33.
    Nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens hat der Gerichtshof die niederländische Regierung gefragt, ob sie ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften geändert habe, um sie der Rechtsprechung der genannten Urteile Decker und Kohll anzupassen. Die Antwort hat gelautet, diese Rechtsprechung erfordere keine Änderung der Vorschriften des Krankenkassengesetzes, die den Abschluss von Verträgen zwischen den Kassen auf der einen und Freiberuflern und medizinischen Einrichtungen auf der anderen Seite regelten. Bevor sich die den Rechtssachen Geraerts-Smits und Peerbooms zugrunde liegenden Vorgänge ereignet hätten, sei mit der Ausführung einiger Pläne zur Förderung grenzüberschreitender Versorgungsleistungen begonnen worden, jedoch hätten die erwähnten Urteile dazu beigetragen, die Anzahl der Verträge mit in anderen Mitgliedstaaten ansässigen medizinischen Einrichtungen zu erhöhen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Stichting Ziekenfonds VGZ den Gerichtshof über den Beginn von Verhandlungen mit Freiberuflern und medizinischen Einrichtungen in anderen Mitgliedstaaten informiert, die zu dem Zweck geführt würden, Verträge über die medizinische Versorgung ihrer Versicherten zu schließen. Die Stichting CZ Groep Zorgverzekeringen hat dagegen vorgetragen, sie habe zu dem gleichen Zweck bereits Verträge mit in Belgien und Deutschland ansässigen Berufsausübenden und Einrichtungen geschlossen.

34.
    Nach Ansicht der Kommission stehen die in den niederländischen Rechtsvorschriften verankerten Kriterien des in medizinischen Kreisen Üblichen und der Notwendigkeit der Behandlung in Einklang mit Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71; bei der Anwendung des erstgenannten Kriteriums verfüge der Mitgliedstaat über einen weiten Ermessensspielraum hinsichtlich der Entscheidung darüber, welche Leistungen von einem System der sozialen Sicherheit abzudecken seien. Allerdings müsse in der Praxis beim Rückgriff auf diese beiden Kriterien das Gemeinschaftsrecht beachtet werden.

Bestimmte Teile des niederländischen Rechts legten den Gedanken nahe, dass die Bedingungen für die Erteilung der Genehmigung der Inanspruchnahme medizinischer Versorgung im Ausland sich von den für Behandlungen in den Niederlanden geltenden unterschieden, weswegen das Genehmigungserfordernis eine spezifische Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellen könne.

VIII -    Untersuchung der Vorlagefragen

A -     Zur medizinischen Versorgung nach den niederländischen Vorschriften über die Pflichtkrankenversicherung sowie zum Begriff der Leistung im Sinne von Artikel 60 des Vertrages

35.
    Mit den vorgelegten Fragen, die meines Erachtens zusammen zu prüfen sind, wünscht das niederländische Gericht zu erfahren, ob die Artikel 59 und 60 EG-Vertrag einer Regelung der sozialen Sicherheit wie der in den Ausgangsverfahren streitigen entgegenstehen, die durch Verträge der Krankenkassen mit Freiberuflern und medizinischen Einrichtungen ein System von Sachleistungen schaffe, das die Versicherten zwinge, eine Genehmigung ihrer Kasse einzuholen, wenn sie sich zur Geltendmachung ihres Leistungsanspruchs an nicht unter Vertrag stehende, im Inland oder im Ausland ansässige Freiberufler oder Einrichtungen wenden müssten.

36.
    Um die dergestalt neu formulierte Frage beantworten zu können, muss zunächst geklärt werden, ob die durch die niederländische Regelung über die Krankenversicherung organisierte ärztliche und klinische Versorgung in den Anwendungsbereich der Bestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr fällt. Es handelt sich um nicht mehr und nicht weniger als die Entscheidung darüber, ob die Leistungen, auf die die Versicherten nach der Ziekenfondswet Anspruch haben, Dienstleistungen im Sinne des genannten Artikels 60 darstellen.

Laut Abschnitt II.3 ihres Vorlagebeschlusses geht die Arrondissementsrechtbank davon aus, dass die Behandlungen der Kläger der beiden Ausgangsverfahren in Deutschland und in Österreich Dienstleistungen im Sinne von Artikel 60 des Vertrages sind. Ich verfüge nicht über hinreichende Anhaltspunkte, um mich hierzu äußern zu können, meine aber, dass es für die Beantwortung der gestellten Fragen hierauf nicht ankommt. Sollte es sich tatsächlich um Dienstleistungen handeln, so wäre zu bemerken, dass die Freiheit der beiden Patienten, sich als Dienstleistungsempfänger in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und die Leistungen anzunehmen, nicht eingeschränkt wurde. Sie beschweren sich auch nicht darüber, dass sie etwa schlechter behandelt worden seien als die Angehörigen dieser Staaten(26). Soweit sie sich jedoch auf Artikel 60 des Vertrages berufen, umvon ihrer Versicherung die Übernahme der entstandenen Kosten zu fordern, erscheint es mir unerlässlich, zu prüfen, ob sie aus ihrem Rechtsverhältnis zu dieser Einrichtung einen Anspruch auf Leistungen im Sinne des Vertrages ableiten können.

37.
    Ich möchte klarstellen, dass sich die nachstehenden Überlegungen konkret auf die lediglich in der Erbringung von Sachleistungen bestehende medizinische Versorgung beziehen, wie sie ein System der sozialen Sicherheit vom Typ des hier streitigen gewährt, in dem nicht die Möglichkeit besteht, den Versicherten Kosten zu ersetzen, die durch die Versorgung entstanden sind. Diese Klarstellung erscheint mir notwendig, um Missverständnisse zu vermeiden, da der Gerichtshof mehrfach nachdrücklich festgestellt hat, dass bestimmte medizinische Leistungen für die Zwecke von Artikel 60 des Vertrages als Dienstleistungen anzusehen seien und dass Personen, die sich wegen einer medizinischen Behandlung in einen anderen Mitgliedstaat begeben, Dienstleistungsempfänger seien.

Beispiele für diese Rechtsprechung finden sich, abgesehen von Randnummer 29 des bereits erwähnten Urteils Kohll, wo es um die Behandlung durch einen Zahnarzt ging, in dem Urteil Society for the Protection of Unborn Children Ireland(27), das einen in Einklang mit den Rechtsvorschriften des Staates, in dem er stattfindet, vorgenommenen Schwangerschaftsabbruch als Dienstleistung im Sinne von Artikel 60 EWG-Vertrag ansieht, und in dem im Fall Luisi und Carbone ergangenen Urteil(28), demzufolge der freie Dienstleistungsverkehr die Freiheit umfasst, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um dort eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, ohne durch Einschränkungen, sei es auch nur auf dem Gebiet der Zahlungen, behindert zu werden, und wonach die medizinisch versorgten Personen als Dienstleistungsempfänger anzusehen sind.

In all diesen Beispielsfällen hat der Gerichtshof Wert auf die Feststellung gelegt, dass die Leistung, wie im ersten der genannten Fälle, entgeltlich erfolgt sei, oder aber, wie im zweiten Fall, dass der Schwangerschaftsabbruch ein ärztlicher Eingriff sei, der im Allgemeinen gegen Entgelt erfolge und im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit vorgenommen werden könne. Im dritten Fall hatte eine italienische Staatsangehörige, u. a. um sich in Deutschland ärztlich behandeln zu lassen, Devisen in einem Umfang ausgeführt, der über das nach den nationalen Rechtsvorschriften über die Devisenkontrolle zulässige Maß hinausging, und war hierfür mit einer Geldbuße belegt worden.

38.
    Artikel 60 des Vertrages sieht als Dienstleistungen die normalerweise gegen Entgelt erbrachten Leistungen an, soweit sie nicht unter die Bestimmungen überden freien Waren- und Kapitalverkehr oder über die Freizügigkeit der Personen fallen. Zu diesen Dienstleistungen gehören insbesondere die typischen Tätigkeiten der freien Berufe; wie der Gerichtshof entschieden hat, führt die besondere Natur einiger solcher Dienstleistungen nicht dazu, dass sie aus dem Anwendungsbereich der den freien Dienstleistungsverkehr betreffenden Vorschriften herausfallen(29).

Unzweifelhaft ist der Arztberuf traditionell ein freier Beruf gewesen; er ist es heutzutage jedoch nicht mehr durchweg, da viele Ärzte in einigen Mitgliedstaaten als Arbeitnehmer für die Träger der sozialen Sicherheit tätig sind, während andere Mitgliedstaaten eine solche abhängige Tätigkeit mit der privaten Ausübung des Arztberufs verbinden.

39.
    Der Gerichtshof hat mehrfach anerkannt, dass das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Gestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit in keiner Weise beeinträchtigt(30).

40.
    In Ausübung dieser Zuständigkeit haben die Niederlande ein obligatorisches Krankenversicherungssystem geschaffen, dem alle Personen angeschlossen sind, deren Einkommen eine bestimmte Höhe nicht überschreitet, und das von den Krankenkassen verwaltet wird, die Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit sind. Ihre Finanzierung wird durch Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber sowie durch einen Zuschuss gewährleistet, den der Staat jährlich zu Lasten seines Haushalts an die Allgemeine Kasse der Krankenversicherungen zahlt. Es ist dann Sache der Krankenkassen, mit Personen und spezialisierten Einrichtungen Verträge über die medizinische Versorgung ihrer Versicherten zu schließen.

41.
    Anders als im Fall Kohll, wo es um das luxemburgische System der sozialen Sicherheit ging - nach dem die Versicherten ihre Haus- und Fachärzte frei wählen können, die für die Leistung ausgestellte Rechnung zu begleichen haben und dann von der Krankenkasse einen Teil davon erstattet erhalten oder, wenn es sich um stationäre Versorgung handelt, die Kasse unmittelbar für sie an die betreffende Stelle zahlen lassen können -, ist die ärztliche Versorgung im Rahmen der obligatorischen Krankenversicherung in den Niederlanden für die Versicherten kostenlos(31). Diese müssen sich jedoch, um die medizinischen Leistungen, deren sie bedürfen, erhalten zu können, an einen der Freiberufler oder eine dermedizinischen Einrichtungen wenden, mit denen ihre Kasse einen Versorgungsvertrag geschlossen hat; wenn sie sich nämlich für eine Behandlung durch Stellen entscheiden, mit denen kein Vertrag geschlossen wurde, haben sie die ihnen entstehenden Kosten ohne Anspruch auf Erstattung zu begleichen.

42.
    Angesichts dieses grundlegenden Unterschieds habe ich mich gefragt, ob die unter diesen Bedingungen erfolgende Versorgung durch Ärzte und medizinische Einrichtungen als Leistung im Sinne des Vertrages angesehen werden kann, obwohl der Leistungsempfänger sie nicht entgeltlich erhält.

43.
    Zwar hat der Gerichtshof in seinem Urteil Bond van Adverteerders(32) entschieden, Artikel 60 des Vertrages fordere nicht, dass die Dienstleistung von ihren Empfängern bezahlt werde.

Ich meine jedoch, dass es bei dem hier zu prüfenden System der sozialen Sicherheit nicht einfach darum geht, dass das, was die Versicherten für die medizinische Behandlung nicht selbst bezahlen, von einem Dritten (hier der Krankenkasse) an den Freiberufler oder die medizinische Einrichtung gezahlt wird.

44.
    In der Praxis(33) scheint es für die Berechnung des Beitrags, den die Krankenkassen an die Krankenanstalten zahlen, in erster Linie erforderlich zu sein, das Budget jeder Anstalt festzulegen, um Kenntnis von den zulässigen Kosten(34) zu erlangen, und anschließend die zusätzlichen Tarife(35) und den Versorgungstarif(36)zu prüfen, d. h. den pro Tag der Unterbringung eines Patienten im Krankenhaus berechneten Tarif, der jedoch die tatsächlichen Kosten nicht widerspiegelt. Die Tarife dienen der Finanzierung des Haushalts der einzelnen medizinischen Einrichtungen, der einer jährlichen Anpassung in der Weise unterliegt, dass der Versorgungstarif, wenn die Einnahmen die Ausgaben übersteigen, für die Zukunft herabgesetzt und im umgekehrten Fall erhöht wird.

45.
    Die Tarife, die die Krankenkassen jedes Jahr mit den Freiberuflern aushandeln, sind je nach Fachrichtung unterschiedlich und setzen sich nicht aus Beträgen zusammen, die für jede einzelne ärztliche Handlung gezahlt werden. Sie werden mittels folgender Formel errechnet: Ein Betrag, der die durchschnittlichen Einnahmen darstellt(37), wird einem anderen Betrag hinzugerechnet, der die - ebenfalls durchschnittlichen - Kosten des Betreibens einer Praxis ausdrückt(38); das Ergebnis wird durch eine Zahl geteilt, die die Arbeitsbelastung wiedergibt (so wird z. B. davon ausgegangen, dass ein Hausarzt 2 350 Patienten pro Jahr behandelt; bei Hebammen wird die Zahl der jährlichen Entbindungen zugrunde gelegt). Diese Berechnung führt dazu, dass ein Hausarzt von der Krankenkasse, mit der er einen Vertrag über ärztliche Leistungen abgeschlossen hat, im Jahr 2000 für jeden Versicherten, der sich für eine Behandlung in seiner Praxis entschieden hat, 133 NLG - den so genannten Pauschaltarif(39) - erhält, und zwar unabhängig davon, wie viele Patienten er tatsächlich behandelt, und ohne Rücksicht darauf, dass manchePatienten mehr Zuwendung benötigen als andere und dass einige Patienten das ganze Jahr über keiner Behandlung bedürfen(40).

46.
    Bei diesem System der Pflichtkrankenversicherung schließen die Kassen mit medizinischen Einrichtungen und Freiberuflern Verträge, in denen sie im Voraus Inhalt und Qualität der Leistungen sowie die finanzielle Gegenleistung vereinbaren; diese besteht im Fall der Freiberufler aus der Entrichtung eines festen Pauschalbetrags und bei den einzelnen Krankenhäusern in der Zahlung eines Zuschusstarifs, der dazu bestimmt ist, die Anstalt finanziell zu stützen, nicht aber dazu, die tatsächlichen Kosten der Aufnahme abzudecken.

Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet ähnelt das in Rede stehende System stark den in einigen Mitgliedstaaten geltenden Systemen, bei denen die Träger der sozialen Sicherheit sich mit eigenen Mitteln und mit Personal ausstatten, das auf der Grundlage im Voraus festgelegter Dienststunden und eines festen Gehalts unmittelbar(41) unter Vertrag genommen wird. Meines Erachtens unterscheidet es sich deutlich von anderen Systemen wie dem luxemburgischen(42), das in dem bereits erläuterten Fall Kohll zu prüfen war. Bei diesem zuletzt genannten System enthält das Rechtsverhältnis zwischen Versichertem und Freiberufler, wie der Gerichtshof bestätigt hat, eine Dienstleistung im Sinne von Artikel 60 des Vertrages(43); ich bin aber auch überzeugt, dass ein solches Dienstleistungsverhältnis bei dem System, das ich hier untersuche, nicht gegeben ist, da es an der von Artikel 60 des Vertrages geforderten Entgeltlichkeit fehlt(44).

47.
    Ähnlich verhält es sich mit den nationalen Bildungssystemen, zu denen sich zu äußern der Gerichtshof in Zusammenhang mit dem Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs Gelegenheit hatte. So hat er in seinem Urteil Humbel(45) ausgeführt, nach Artikel 60 Absatz 1 EWG-Vertrag fielen unter das Kapitel über die Dienstleistungen nur „Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden“; selbst wenn der Begriff des Entgelts in den Artikeln 59 ff. des Vertrages nicht ausdrücklich definiert worden sei, könne seine Bedeutung aus Artikel 60 Absatz 2 erschlossen werden; Wesensmerkmal des Entgelts sei, dass es die wirtschaftliche Gegenleistung für die betreffende Leistung darstelle, deren Betrag zwischen Leistungserbringer und Leistungsempfänger vereinbart werde. Wie der Gerichtshof feststellte, fehlt dieses Merkmal bei einem im Rahmen des staatlichen Bildungssystems erteilten Unterricht. Zum einen wolle der Staat durch die Errichtung und Erhaltung eines solchen Systems keine gewinnbringende Tätigkeit aufnehmen, sondern seine ihm gegenüber seinen Bürgern obliegenden Aufgaben auf sozialem, kulturellem und bildungspolitischem Gebiet erfüllen; zum anderen werde das in Rede stehende System in der Regel aus dem Staatshaushalt und nicht von den Schülern oder deren Eltern finanziert.

In seinem Urteil Wirth(46) stellte der Gerichtshof fest, diese Erwägungen träfen auch auf den Unterricht an einer Hochschule zu, die im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln finanziert werde. Er betonte jedoch, zwar würden die meisten Hochschulen auf diese Weise finanziert, es gebe jedoch welche, die im Wesentlichen aus privaten Mitteln, insbesondere durch die Studenten oder deren Eltern, finanziert würden und einen Gewinn zu erzielen suchten. Werde der Unterricht in derartigen Einrichtungen erteilt, so werde er zur Dienstleistung im Sinne von Artikel 60 des Vertrages, da die Einrichtungen das Ziel verfolgten, eine Leistung gegen Entgelt anzubieten.

48.
    In seinem Urteil Poucet und Pistre(47) hat sich der Gerichtshof zur Natur der Träger der sozialen Sicherheit im Bereich des Wettbewerbsrechts geäußert. Nachdem er darauf hingewiesen hatte, dass der Unternehmensbegriff in diesem Bereich jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform und die Art ihrer Finanzierung umfasse(48), stellte er fest, dass die Krankenkassen oder die Einrichtungen, die bei der Verwaltung der öffentlichen Aufgabe der sozialen Sicherheit mitwirkten, eine Aufgabe ausschließlich sozialenCharakters erfüllten, da diese Tätigkeit auf dem Grundsatz der nationalen Solidarität beruhe und ohne Gewinnstreben ausgeübt werde und da die Leistungen von Gesetzes wegen und unabhängig von der Höhe der Beiträge erbracht würden.

49.
    Angesichts der oben beschriebenen Merkmale des niederländischen Systems der Pflichtkrankenversicherung bin ich der Ansicht, dass die Sachleistungen, die diese ihren Versicherten zur medizinischen Versorgung gewährt, nicht gegen Entgelt erfolgen und deshalb keine Dienstleistungen im Sinne von Artikel 60 EG-Vertrag darstellen.

Da sie keine Dienstleistungen sind, wäre der Arrondissementsrechtbank Roermond zu antworten, dass Artikel 59 EG-Vertrag die Krankenkassen eines Mitgliedstaats nicht daran hindert, von ihren Versicherten die Einholung einer Genehmigung zu verlangen, wenn sie medizinische Leistungen von einer Stelle erhalten wollen, mit der die Kassen keinen Vertrag geschlossen haben, gleichgültig ob diese Stelle in dem betreffenden Mitgliedstaat oder in einem anderen ansässig ist.

50.
    Für den Fall, dass der Gerichtshof meine Auffassung nicht teilen und der Ansicht sein sollte, es handele sich sehr wohl um Dienstleistungen im Sinne von Artikel 60 des Vertrages, werde ich jedoch im Folgenden prüfen, welche Einschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs die oben erwähnte Verpflichtung, die vorherige Genehmigung der Krankenkasse einzuholen, bewirken kann.

B - Zu den einschränkenden Wirkungen der Bestimmungen über die Pflichtkrankenversicherung auf den freien Dienstleistungsverkehr

51.
    Stellt es eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar, dass Artikel 9 Absatz 4 der Ziekenfondswet in Verbindung mit Artikel 1 der Regeling hulp in het buitenland ziekenfondsverzekering die Inanspruchnahme im Ausland ansässiger, nicht unter Vertrag stehender Personen oder Einrichtungen von der vorherigen Genehmigung durch den Versicherer abhängig macht?

Ich werde in meinen Überlegungen auf die Zweifel eingehen, die die Arrondissementsrechtbank in den Absätzen b und c ihrer ersten Vorlagefrage angedeutet hat, nämlich auf den Einfluss des Kriteriums des „in ärztlichen Kreisen Üblichen“ auf die Entscheidung darüber, ob eine bestimmte medizinische Leistung von der Versicherung gedeckt ist, auf die Bedeutung, die der Tatsache zukommen kann, dass in einem anderen Mitgliedstaat die gleiche Leistung von dem entsprechenden System der sozialen Sicherheit gedeckt wird, und schließlich auf das Kriterium der Notwendigkeit der Behandlung in dem Fall, dass die Leistung zwar durch die Versicherung gedeckt ist, die Genehmigung der medizinischen Versorgung im Ausland jedoch mit der Begründung verweigert wird, die betreffende Leistung könne in angemessener Weise durch einen Freiberufler oder eine Einrichtung, mit dem oder der ein Vertrag geschlossen worden sei, in den Niederlanden erbracht werden.

52.
    In dieser Formulierung ist die Frage meines Erachtens zu bejahen. In der Tat stellt das Erfordernis, die in Rede stehende Genehmigung einzuholen, praktisch eine Einschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar, da es den Versicherten dadurch erschwert und für sie weniger attraktiv gemacht wird, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um dort medizinische Leistungen in Anspruch zu nehmen.

53.
    In dieser Hinsicht hat der Gerichtshof ausgeführt, unter dem Gesichtspunkt eines einheitlichen Marktes und im Hinblick auf die Verwirklichung seiner Ziele schließe Artikel 59 des Vertrages die Anwendung einer nationalen Regelung aus, die die Erbringung von Dienstleistungen im Verkehr zwischen Mitgliedstaaten gegenüber der Erbringung von Dienstleistungen allein innerhalb eines Mitgliedstaats erschwere(49). Auch wenn die streitige niederländische Regelung den Versicherten nicht ihr Recht auf Leistungen in einem anderen Mitgliedstaat nehme, stehe fest, dass sie eine Genehmigung vorschreibe, die nur unter sehr einschränkenden Bedingungen erteilt werde. Infolgedessen könne sie die Betroffenen davon abhalten, sich an Erbringer von medizinischen Dienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten zu wenden, und stelle sowohl für diese als auch für deren Patienten eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs dar(50).

54.
    Es ist noch zu prüfen, ob diese Behinderung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes gerechtfertigt ist.

C -    Zu der Frage, ob das Erfordernis der vorherigen Genehmigung der Inanspruchnahme des Rechts auf Leistungen in einem anderen Mitgliedstaat gerechtfertigt ist

55.
    Die Verpflichtung zur Beseitigung der Einschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs ist vom Gerichtshof als Verbot aller Diskriminierungen ausgelegt worden, die den Leistungserbringer wegen seiner Staatsangehörigkeit oder deswegen berühren, weil er in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen ansässig ist, in dem er die Leistung erbringen will(51). In der Tat verbiete der Grundsatz der Gleichbehandlung, von dem Artikel 59 des Vertrages eine besondere Ausprägung darstelle, nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, diedurch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale faktisch zum selben Ergebnis führten(52).

56.
    Hierzu hat der Gerichtshof festgestellt, innerstaatliche Regelungen, die nicht unterschiedslos auf alle Dienstleistungen gleich welchen Ursprungs anwendbar und daher diskriminierend seien, ließen sich nur dann mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbaren, wenn sie unter eine ausdrücklich abweichende Bestimmung fielen(53). Nach Artikel 66 EG-Vertrag (jetzt Artikel 55 EG) finden auf den freien Dienstleistungsverkehr die Artikel 55 bis 58 Anwendung, die zum Kapitel über die Niederlassungsfreiheit gehören. Artikel 56 erfasse als Ausnahmen zu beiden Freiheiten in nationalen Rechtsvorschriften enthaltene Maßnahmen, die eine Sonderregelung für Ausländer vorsähen und aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt seien. Wirtschaftspolitische Ziele könnten keine Gründe der öffentlichen Ordnung im Sinne von Artikel 56 des Vertrages darstellen(54).

57.
    Ich entnehme dem Wortlaut des Beschlusses der Arrondissementsrechtbank, dass diese die Anwendung der Kriterien des „in ärztlichen Kreisen Üblichen“ und der „Notwendigkeit der Behandlung“, wie sie sowohl die niederländischen Krankenkassen bei der Bearbeitung der Anträge auf Genehmigung einer medizinischen Versorgung im Ausland als auch der Centrale Raad van Beroep in seiner Rechtsprechung vornehmen, als Diskriminierung aus Gründen des Ortes der Niederlassung des Leistungserbringers ansieht.

58.
    Die Kommission wiederum vertritt die Auffassung, indem das erstgenannte Kriterium einzig und allein auf die Meinungen der inländischen Ärzte abstelle, privilegiere es die in den Niederlanden tätigen Freiberufler und medizinischen Einrichtungen. Es handele sich um ein neutrales Kriterium, das unterschiedslos für inländische und ausländische Leistungserbringer gelte, praktisch indessen die Leistungserbringer aus anderen Mitgliedstaaten benachteilige. Das zweite Kriterium wird nach Ansicht der Kommission unterschiedlich angewendet, je nachdem ob der nicht an einen Vertrag gebundene Erbringer medizinischer Versorgungsleistungen, an den man sich zu wenden wünsche, in den Niederlanden oder im Ausland ansässig sei, denn die nationale Regelung verlange, dass vor einer etwaigen Inanspruchnahme einer nicht durch Vertrag gebundenen ausländischen Stelle festgestellt werde, ob eine ebenfalls nicht unter Vertrag stehende niederländische Stelle die Behandlung vornehmen könne. Diese Regelung stelle daher eine formale Diskriminierung aus Gründen des Niederlassungsorts dar.

Die Kommission meint, das Erfordernis der vorherigen Genehmigung kombiniere beide Kriterien, wobei der formal diskriminierende Charakter des zweiten ausschlaggebend sei. Sie regt daher an, die vorherige Genehmigung als formal diskriminierende Maßnahme anzusehen, die sich nur durch Rückgriff auf eine der in Artikel 56 EG-Vertrag vorgesehenen Ausnahmen rechtfertigen lasse, nämlich durch Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit.

59.
    Mit dieser Beurteilung bin ich nicht einverstanden. Das Kriterium des „in ärztlichen Kreisen Üblichen“, das sich unabhängig von dem Ort, an dem die Behandlung stattfindet, nach objektiven medizinischen Gründen bestimmt, wird herangezogen, um darüber zu entscheiden, welche Leistungen von der Pflichtkrankenversicherung abgedeckt werden. Auch wenn bei dieser Entscheidung lediglich die Auffassungen der inländischen Ärzte berücksichtigt werden, muss doch der Einfluss in Rechnung gestellt werden, den die Kenntnisse der ausländischen Spezialisten durch deren Beiträge zur medizinischen Wissenschaft auf internationalen Kongressen und in der Fachliteratur ausüben.

Weiterhin zieht man bei der Bestimmung der Leistungen, die von der Krankenversicherung abzudecken sind, nicht nur das in der Medizin technisch Mögliche, sondern auch das finanziell Zumutbare in Betracht. So weichen die von der einschlägigen Regelung erfassten Leistungen, deren Ausmaß und die bei bestimmten Beschwerden angewandten Therapien von einem Mitgliedstaat zum andern erheblich voneinander ab, wie sich in den beiden bei der Arrondissementsrechtbank Roermond anhängigen Rechtssachen gezeigt hat(55). Eine Dezentralisierung ursprünglich gesamtstaatlich organisierter Träger führt ebenfalls, je nach den haushaltsrechtlichen Möglichkeiten der einen oder der anderen regional zuständigen Einrichtung, zu Abweichungen(56). Aus diesen Gründen kann aus einer Therapie, die von keiner Krankenversicherung abgedeckt wird, nicht einfach deswegen eine mitversicherte Leistung werden, weil jemand dadurch, dass er sich an eine nicht unter Vertrag stehende inländische oder ausländische Stelle gewendet hat, ihre Anwendung auf sich erreicht hat(57).

60.
    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes lässt das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt(58); in Ermangelung einer Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene bestimmt somit das Recht eines jeden Mitgliedstaats, unter welchen Voraussetzungen zum einen ein Anspruch auf, oder eine Verpflichtung zum Anschluss an ein System der sozialen Sicherheit(59) und zum anderen ein Leistungsanspruch(60) besteht, solange hierbei nicht in diskriminierender Weise zwischen Inländern und Staatsangehörigen der übrigen Mitgliedstaaten unterschieden wird(61).

Meiner Ansicht nach ist das Kriterium des „in ärztlichen Kreisen Üblichen“, dessen sich die Kassen bedienen, um die von der Pflichtkrankenversicherung gedeckten Leistungen festzulegen, nicht diskriminierend, da es weder bedeutet, dass lediglich die in den Niederlanden verfügbaren Leistungen einbezogen werden, noch die in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Dienstleistungserbringer in größerem Umfang oder in allen Fällen schädigt. Jedenfalls vermag das Gemeinschaftsrecht bei seinem gegenwärtigen Stand einen Mitgliedstaat nicht zu verpflichten, alle Leistungen und Therapien, die von den Krankenversicherungen der übrigen Mitgliedstaaten abgedeckt werden, in den Katalog der von einer Pflichtkrankenversicherung abgedeckten Vorgänge aufzunehmen.

Aus den gleichen Gründen meine ich, dass die Tatsache, dass eine Leistung in einem Mitgliedstaat von dessen Krankenversicherungssystem gedeckt wird, während dies in einem anderen Mitgliedstaat nicht der Fall ist, in diesem Zusammenhang unerheblich ist.

61.
    Was das Kriterium der „Notwendigkeit der Versorgung“ des Versicherten betrifft, so verstehe ich Artikel 9 Absatz 4 der Ziekenfondswet in Verbindung mit Artikel 1 der Regeling hulp in het buitenland ziekenfondsverzekering nicht wie die Kommission dahin, dass er je nachdem, ob die als Leistung anzusehende Behandlung in einer in den Niederlanden oder aber in einer im Ausland ansässigenEinrichtung stattfinden soll, mit der kein Vertrag geschlossen worden ist, unterschiedlich anzuwenden wäre.

Es ist jedoch hervorzuheben, dass sich das vorlegende Gericht für einen anderen Sachverhalt interessiert, nämlich für den Fall, dass einem Versicherten die Genehmigung einer als Leistung anzusehenden Behandlung im Ausland mit der Begründung verweigert wird, in den Niederlanden gebe es einen unter Vertrag stehenden Freiberufler, der ihn rechtzeitig behandeln könne. Dieser Zweifel entfällt, wenn der Gerichtshof zu der Ansicht gelangt, die medizinische Versorgung im Rahmen der niederländischen Pflichtkrankenversicherung stelle keine Dienstleistung im Sinne von Artikel 60 des Vertrages dar. Für alle Fälle will ich diesen Aspekt jedoch im Zuge meiner Überlegungen zur Frage der Berechtigung des Erfordernisses der vorherigen Genehmigung prüfen.

62.
    Meines Erachtens begründet die niederländische Regelung über die Pflichtkrankenversicherung, wenn sie verlangt, dass der Versicherte eine Genehmigung seiner Kasse erwirkt, keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Verhältnis zwischen den Dienstleistungsempfängern, da sie alle Personen betrifft, die sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben wünschen; ebenso wenig enthalten sie schon allein dadurch im Verhältnis zwischen den Versicherten eine Diskriminierung aus Gründen der Herkunft der Leistung, dass sie unabhängig von der Ansässigkeit in den Niederlanden oder im Ausland zwischen Leistungserbringern, mit denen ein Vertrag geschlossen worden ist, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, unterscheiden(62).

63.
    Das vorlegende Gericht scheint Zweifel daran zu hegen, dass keine Diskriminierung vorliegt; es stellt nämlich fest, dass Verträge hauptsächlich mit in den Niederlanden ansässigen Einrichtungen geschlossen würden.

Im Hinblick auf die Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise(63) sowie angesichts des Hinweises in Punkt 56 der schriftlichen Erklärungen der niederländischen Regierung, wonach in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenemedizinische Einrichtungen automatisch zum Abschluss von Verträgen befugt sind, ist hinzuzufügen, dass anscheinend keine rechtliche Schranke besteht, die die Kassen daran hindern würde, derartige Verträge mit in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Freiberuflern und medizinischen Einrichtungen zu schließen. Auf einem anderen Blatt steht, dass die Kassen aus Gründen des gesunden Menschenverstandes und um ihren Versicherten im Krankheitsfall die medizinische Versorgung zu erleichtern, bestrebt sind, solche Verträge mit Stellen zu schließen, zu denen keine lange Anreise erforderlich ist. Praktisch geht der Abschluss von Verträgen mit Freiberuflern und medizinischen Einrichtungen, die in den an die Niederlande angrenzenden belgischen und deutschen Regionen ansässig sind, in diese Richtung, ohne große sprachliche Schwierigkeiten zu bereiten.

64.
     Wenn ich jetzt wieder die Prüfung des Genehmigungserfordernisses aufgreife, das keine formalen Unterschiede zum Nachteil der Freiberufler in anderen Mitgliedstaaten trifft, so habe ich daran zu erinnern, dass Artikel 59 des Vertrages dem Gerichtshof zufolge nicht nur die Beseitigung sämtlicher Diskriminierungen von Dienstleistungserbringern aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit verlangt, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen - selbst wenn sie unterschiedslos für einheimische Dienstleistungserbringer wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten -, die geeignet sind, die Tätigkeit von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen und dort regelmäßig entsprechende Leistungen erbringenden Dienstleistenden zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen(64).

65.
    In solchen Fällen kann der freie Dienstleistungsverkehr als tragender Grundsatz des Vertrages nach Auffassung des Gerichtshofes nur durch Regelungen eingeschränkt werden, die

1.    durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind und für alle in dem betreffenden Staat tätigen Personen oder Unternehmen gelten, und zwar nur insoweit, als dem Allgemeininteresse nicht bereits durch Rechtsvorschriften Rechnung getragen ist, denen der Gemeinschaftsbürger in dem Mitgliedstaat unterliegt, in dem er ansässig ist;

2.    zur Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles notwendig sind und

3.    nicht über das zur Erreichung dieses Zieles erforderliche Maß hinausgehen(65).

66.
     Die Arrondissementsrechtbank wünscht zu erfahren, ob die von den beklagten Einrichtungen geltend gemachten zwingenden Gründe des öffentlichen Allgemeininteresses ausreichen, um die Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs zu rechtfertigen.

67.
    Zu diesen zwingenden Gründen hat der Gerichtshof im Laufe der Jahre eine kasuistische Rechtsprechung entwickelt. Als Beispiele für Gründe, die er anerkannt hat, lassen sich ohne Anspruch auf Vollständigkeit anführen: der Schutz des geistigen Eigentums(66); die Notwendigkeit, die Empfänger der Dienstleistungen zu schützen, die es rechtfertigen kann, dass der Dienstleistende sich an die berufsständischen Regeln des Empfangsstaats halten muss(67); der soziale Schutz der Arbeitnehmer(68); der Schutz der Verbraucher(69); die Lauterkeit des Handelsverkehrs(70); eine Kulturpolitik, die in der Aufrechterhaltung eines pluralistischen staatlichen Rundfunk- und Fernsehwesens besteht(71); die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege(72); die Kohärenz einer Steuerregelung(73);die Aufrechterhaltung des guten Rufs des nationalen Finanzsektors(74); die Erhaltung des nationalen geschichtlichen und künstlerischen Erbes(75); das allgemeine Interesse an der Aufwertung archäologischer, historischer und künstlerischer Reichtümer eines Landes und an der bestmöglichen Verbreitung von Kenntnissen über dessen künstlerisches und kulturelles Erbe(76); schließlich die Gefahr einer schweren Beeinträchtigung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit(77).

68.
    Die zwingenden Gründe des öffentlichen Interesses, auf die sich die beklagten Einrichtungen berufen, sind in zusammenfassender Darstellung folgende Notwendigkeiten:

-    die Aufrechterhaltung der Infrastruktur und des finanziellen Gleichgewichts des Systems der Verträge, das es ermögliche, Kosten, Umfang und Qualität der Gesundheitspflege zu kontrollieren;

-    die Sicherung einer allen Betroffenen zugänglichen medizinischen Versorgung;

-    die Gewährleistung einer hinreichenden Anzahl von Ärzten, medizinischen Einrichtungen und Krankenhausbetten durch Anstrebung eines ausgewogenen Zustands dergestalt, dass sowohl Wartelisten (die eine Beschränkung des Zugangs zur medizinischen Versorgung bedeuteten) als auch eine Vergeudung von Geldmitteln (die im Gesundheitswesen sehr knapp seien) vermieden werde, weswegen der Zugang zu den Krankenanstalten geregelt werden müsse;

-    die Begrenzung der Zahl der sich ins Ausland begebenden Kranken und die Vermeidung eines erhöhten Zustroms fremder Patienten, da diese Vorgänge zu Verzerrungen bei der Inanspruchnahme der Krankenanstalten führen könnten.

Die Mitgliedstaaten, die sich am vorliegenden Verfahren beteiligt haben, führen als zwingende Gründe des öffentlichen Interesses, die das Genehmigungserfordernis rechtfertigten, außer den bereits genannten an: die für die Krankenkassen bestehende Notwendigkeit, die Ausgaben beherrschen zu können; die Achtung derBefugnis eines jeden Mitgliedstaats, nach Maßgabe der ihm zur Verfügung stehenden Mittel und der Bedürfnisse seiner Bevölkerung medizinische Prioritäten zu setzen; schließlich die Wahrung des Grundsatzes der Gleichheit der Versicherten, der zum Nachteil der weniger Wohlhabenden beeinträchtigt würde, da diese sich nicht ohne Rücksicht auf die hiermit verbundenen Kosten in einen anderen Mitgliedstaat begeben könnten.

69.
    Insgesamt lassen sich diese Gründe in drei Gruppen zusammenfassen: Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der Pflichtkrankenversicherung, Gewährleistung einer ausgewogenen, für jedermann gleichermaßen zugänglichen ärztlichen und klinischen Versorgung und Sicherung der Versorgungskapazität und des Niveaus der Medizin, die im Inland notwendig sind.

70.
    Mit diesen drei Gründen hat sich der Gerichtshof bereits in seinem Urteil im Fall Kohll befasst, als er feststellte, die Gefahr einer schweren Beeinträchtigung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit könne einen zwingenden Grund des öffentlichen Interesses darstellen, der eine Bestimmung rechtfertigen könne, die für die medizinische Versorgung eines Versicherten im Ausland eine Genehmigung fordere(78). Zu der Notwendigkeit, eine ausgewogene und allen Versicherten zugängliche ärztliche und klinische Versorgung zu gewährleisten, und dem Bestreben, im Inland eine angemessene Versorgungskapazität und ein angemessenes Niveau der Medizin zu sichern, hat der Gerichtshof ausgeführt, diese Gesichtspunkte könnten zu den Ausnahmen aus Gründen der öffentlichen Gesundheit nach Artikel 56 des Vertrages gehören, die es gestatteten, den freien Dienstleistungsverkehr im Bereich der ärztlichen und klinischen Versorgung einzuschränken(79).

71.
    Es steht somit außer Streit, dass diese drei Gründe eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs wie das streitige Genehmigungserfordernis zu rechtfertigen vermögen, wenn sie wie hier unterschiedslos für inländische und im Ausland ansässige Leistungserbringer gilt; bezweifelt wird vielmehr, dass das genannte Erfordernis notwendig ist, um die Erreichung der verfolgten Ziele zu gewährleisten, und dass es in Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht.

72.
    Ich werde mich bemühen, diese Zweifel zu zerstreuen. Bei Systemen wie dem hier zu untersuchenden, die den Versicherten Sachleistungen gewähren, verwalten die Krankenkassen ihre Haushaltsmittel in der Weise, dass sie mit Freiberuflern und medizinischen Einrichtungen Verträge schließen, in denen sowohl die den Gegenstand dieser Verträge bildenden Leistungen als auch dieVerfügbarkeit der medizinischen Dienste und der finanzielle Beitrag festgelegt werden, den sich die Kassen zu zahlen verpflichten. Hierdurch wird im Voraus die Finanzierung der gesamten medizinischen Versorgung gesichert, die die Versicherten in Form von Konsultationen außer Haus wie von Behandlungen in medizinischen Einrichtungen im Laufe eines Jahres benötigen, so dass die Kassen grundsätzlich keine zusätzlichen Zahlungen leisten müssen.

Unter diesen Umständen stellt das Genehmigungserfordernis meines Erachtens nicht nur ein notwendiges und angemessenes Mittel zur Erreichung des Zieles dar, das finanzielle Gleichgewicht des Systems zu wahren, sondern es ist sogar das einzige Mittel, über das die Krankenkassen verfügen, um die Zahlungen an einen nicht unter Vertrag stehenden Leistungserbringer für die ärztliche Versorgung zu kontrollieren, die sie den unter Vertrag stehenden Leistungserbringern bereits vergütet hatten, womit eine zusätzliche finanzielle Belastung verbunden ist. Es scheint mir auf der Hand zu liegen, dass die Krankenkassen in einem System der sozialen Sicherheit, bei dem die eingesetzten Mittel sowie die in Betracht kommenden Freiberufler und medizinischen Einrichtungen im Voraus feststehen, müssen darauf vertrauen können, dass die Versorgung, die die Versicherten benötigen, - von wenigen Ausnahmen abgesehen, die ihrer Genehmigung bedürfen - eben durch diese Freiberufler und medizinischen Einrichtungen erfolgt, unabhängig davon, ob sie nun im Inland oder im Ausland ansässig sind.

73.
    Ich möchte hinzufügen, dass bei einem auf Sachleistungen beruhenden System wie dem hier zu untersuchenden kein Raum für die Unterscheidung bleibt, die Generalanwalt Tesauro in Nummer 59 seiner Schlussanträge in den Rechtssachen Decker(80) und Kohll(81) zwischen den von Freiberuflern und den von Krankenanstalten erbrachten Leistungen vorgenommen hat. Meiner Ansicht nach bringt es für die Kasse in allen Fällen eine zusätzliche finanzielle Belastung mit sich, wenn die Versicherten nicht durch einen Vertrag erfasste Leistungen in Anspruch nehmen. Ich halte daher das Erfordernis der vorherigen Genehmigung für gerechtfertigt.

74.
    Wie ich meine, lassen sich die Ziele, eine ausgewogene, für alle zugängliche ärztliche und klinische Versorgung zu gewährleisten sowie das im Inland erforderliche Maß an Versorgungskapazität und medizinischem Sachverstand aufrechtzuerhalten - abgesehen davon, dass sie in engem Zusammenhang mit der Finanzierungsweise des Systems stehen - , unter den Begriff der Gründe der öffentlichen Gesundheit subsumieren, die nach Artikel 56 eine Einschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen können, wie der Gerichtshof bereits unter den Randnummern 50 und 51 des Urteils Kohll festgestellt hat(82). Anders alsin jener Rechtssache ist jedoch im vorliegenden Fall nachgewiesen worden, dass das Genehmigungserfordernis wegen der Struktur des niederländischen Systems der Pflichtkrankenversicherung, das auf einer vorherigen globalen Abstimmung mit Freiberuflern und medizinischen Einrichtungen über die technischen Mittel, die Aufnahmekapazität der Krankenanstalten und die menschlichen Ressourcen beruht, im Hinblick auf den Zweck gerechtfertigt ist, die Kassen über den zusätzlichen Bedarf an medizinischer Versorgung zu unterrichten und so die aufgedeckten Ungleichheiten korrigieren zu können.

75.
    Aus den vorstehenden Überlegungen ist zu folgern, dass die Krankenkassen einem Versicherten die Genehmigung einer nicht durch einen Vertrag erfassten medizinischen Behandlung im Ausland rechtmäßig mit der Begründung verweigern können, es gebe im Inland einen Freiberufler oder eine Einrichtung, mit dem oder der sie einen Vertrag geschlossen hätten und der oder die den Versicherten in der erforderlichen Weise medizinisch versorgen könne.

D -    Zur Anwendung von Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71

76.
    Obwohl das vorlegende Gericht sich nicht für die Auslegung von Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i und Absatz 2 der Verordnung Nr. 1408/71 interessiert hat, ist es angebracht, kurz auf diese Bestimmung einzugehen. Wie man sich erinnern wird, räumt die Vorschrift dem in einem Mitgliedstaat versicherten Arbeitnehmer, dem der zuständige Träger die Genehmigung erteilt hat, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um sich dort medizinisch versorgen zu lassen, das Recht ein, die Leistungen, die er benötigt, zu Lasten des zuständigen Trägers gemäß den Rechtsvorschriften des Staates in Anspruch zu nehmen, in dem die Leistungen erfolgen. Die Genehmigung darf nicht verweigert werden, wenn die betreffende Versorgung zu den Leistungen gehört, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats vorgeschlagen sind, in dessen Gebiet der Betreffende wohnt, und wenn er sie in Anbetracht seines derzeitigen Gesundheitszustands und des voraussichtlichen Verlaufs der Krankheit nicht innerhalb der normalerweise erforderlichen Frist in diesem Staat erhalten kann.

77.
    Diese Bestimmung regelt den konkreten Fall, dass der Versicherte sich in einen anderen Mitgliedstaat begibt, um sich dort nach den Rechtsvorschriften dieses Staates medizinisch versorgen zu lassen, wobei die dadurch verursachten Kosten dem zuständigen Träger zur Last fallen. Ein solcher Fall unterscheidet sich eindeutig von dem der Rechtssache Kohll zugrunde liegenden Fall, dass der Versicherte in einem anderen Mitgliedstaat versorgt wurde, der zuständige Träger jedoch lediglich den Tarif des Versicherungsstaats erstattete.

78.
    Die Voraussetzungen, an die die niederländischen Krankenkassen die Genehmigung der Behandlung durch einen Freiberufler oder eine Krankenanstalt knüpfen, mit dem oder der kein Vertrag geschlossen worden ist - nämlich dass die Behandlung als von der Pflichtkrankenversicherung gedeckte Leistung angesehenwird und der Patient nicht im Rahmen des Vertrages rechtzeitig so versorgt werden kann, wie es sein Gesundheitszustand erfordert -, decken sich mit den in dem genannten Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 angegebenen Voraussetzungen für die Genehmigung einer Behandlung im Ausland. Ich möchte auch anmerken, dass der Vorschlag, den die Kommission dem Rat zur Vereinfachung der Verordnung Nr. 1408/71 unterbreitet hat(83), in seinem an die Stelle von Artikel 22 tretenden Artikel 18 die derzeit geltende negative Formulierung „die Genehmigung darf nicht verweigert werden“ durch die positivere Wendung „die Genehmigung ist zu erteilen“ ersetzt, dabei jedoch die gegenwärtigen Erfordernisse beibehält, dass es sich um eine von der Versicherung abgedeckte Leistung handeln und dass die Behandlung eilbedürftig sein muss(84).

79.
    Meines Erachtens handelt es sich um eine weiterhin gültige Vorschrift(85), die parallel zu der vom Gerichtshof in seinen Urteilen Decker(86) und Kohll(87) entwickelten Rechtsprechung auf Systeme der sozialen Sicherheiten wie das luxemburgische anzuwenden ist und angesichts der Unterschiede zwischen den einzelnen Regelungen nicht auf sämtliche übrigen Systeme der Mitgliedstaaten übertragen werden kann.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch betonen, wie beklagenswert es ist, dass die zuständigen Träger der Mitgliedstaaten diese Vorschrift derart einengend anwenden und in jedem Jahr nur so wenige Genehmigungen erteilen, wo sie sich doch unter Aufsicht der Kassen als ein Mittel von unschätzbarem Wert erweisen könnte, um die langen Wartelisten zu verkürzen, denen sich die Patienten in einigen Mitgliedstaaten gegenübersehen. Auf diese Weise könnten sich die Betroffenen unter Berufung auf Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 oderunmittelbar auf die Rechtsprechung in den Fällen Decker und Kohll in einem anderen Mitgliedstaat medizinisch versorgen lassen, ohne Gefahr zu laufen, dass ihnen bei der Rückkehr in ihren Wohnstaat die Erstattung verweigert wird(88).

80.
    Das Phänomen des so genannten „klinischen Sozialtourismus“, mit dem wirtschaftlich normalerweise gut gestellte Personen nach einer besseren medizinischen Behandlung suchen, war zu allen Zeiten bekannt, auch vor der Gründung der Europäischen Union. 1911 begab sich der deutsche Schriftsteller Thomas Mann, begleitet von seiner kranken Gattin, in ein Sanatorium in Davos (Schweiz). Im Kontakt mit den Patienten, die aus allen Nationen gekommen waren, um in dieser Anstalt inmitten einer gebirgigen, wilden Landschaft Heilung zu finden, entwarf er sein geniales Werk „Der Zauberberg“ (1924), in dem er das Kommen und Gehen der Patienten beschreibt, die eine möglichst passende medizinische Betreuung zu erhalten wünschen(89). Dieser „klinische Sozialtourismus“ ist ein zusätzlicher Grund dafür, dass die zuständigen Träger mehr Großzügigkeit an den Tag legen, wenn es darum geht, ihren Versicherten den Ortswechsel in einen anderen Mitgliedstaat zu dem Zweck zu gestatten, sich dort medizinisch versorgen zu lassen, so dass ohne Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts der Versicherungssysteme für alle Versicherten der Grundsatz der Gleichheit hinsichtlich des Zugangs zu medizinischer Versorgung auf höchstmöglichem Niveau gewahrt bleibt(90).

IX -    Ergebnis

81.
    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen der niederländischen Arrondissementsrechtbank Roermond wie folgt zu beantworten:

1.    Sachleistungen, die ein System der obligatorischen Krankenversicherung wie das niederländische seinen Versicherten gewährt, sind nicht entgeltlicher Natur und stellen daher keine Dienstleistungen im Sinne von Artikel 60 EG-Vertrag (jetzt Artikel 50 EG) dar. In einem solchen Fall hindern die Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) und 60 EG-Vertrag die Krankenkassen nicht daran, von ihren Versicherten die Einholung einer Genehmigung zu verlangen, wenn sie Leistungen von einem Freiberufler oder einer Einrichtung erhalten wollen, mit dem oder der sie keinen Vertrag über medizinische Versorgung geschlossen haben.

2.    Geht man dagegen davon aus, dass solche Leistungen Dienstleistungen im Sinne von Artikel 60 EG-Vertrag sind, so stellt das genannte Genehmigungserfordernis zwar praktisch eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs dar, ist aber als notwendiges und verhältnismäßiges Mittel zu dem Zweck anzusehen, das finanzielle Gleichgewicht des Systems aufrechtzuerhalten, eine ausgewogene, für jedermann zugängliche ärztliche und klinische Versorgung zu gewährleisten und die im Inland erforderliche Versorgungskapazität und das dort notwendige Niveau der Medizin sicherzustellen.


1: Originalsprache: Spanisch.


2: -     Nach den Angaben der niederländischen Regierung lag die Höchstgrenze 1977 bei 60 750 NLG.


3: -     Die z. B. wegen ihrer langen Dauer oder ihrer hohen Kosten als außergewöhnlich betrachtete medizinische Versorgung, deren Bezahlung nicht zu Lasten der Patienten gehen und die auch nicht in befriedigender Weise von den Privatversicherungen abgedeckt werden kann, ist in dem Allgemeinen Gesetz über besondere Krankheitskosten (Algemene Wet Bijzondere Ziektekosten) geregelt.


4: -     Den Auskünften zufolge, die die niederländische Regierung in der mündlichen Verhandlung gegeben hat, gibt es in diesem Land insgesamt 30 Krankenkassen.


5: -     Staatscourant 1988, Nr. 123.


6: -     Für die Versorgung der Versicherten durch im Ausland ansässige Einrichtungen oder Personen, mit denen die Krankenkassen keinen Versorgungsvertrag geschlossen haben, sind keine besonderen Bedingungen festgelegt worden. Versicherte, die eine derartige Versorgung wünschen, müssen zuvor die Genehmigung ihrer Krankenkasse einholen; diese Genehmigung ist die gleiche wie diejenige, deren der Versicherte bedarf, wenn er von einem in den Niederlanden niedergelassenen Arzt oder einer dort ansässigen medizinischen Einrichtung behandelt zu werden wünscht, mit dem oder der die Kasse ebenfalls keinen Versorgungsvertrag geschlossen hat.


7: -     In einem Urteil vom 23. Mai 1995 hat das genannte Gericht entschieden, dass eine Behandlung im Ausland nach Artikel 9 Absatz 4 der Ziekenfondswet nicht genehmigt werden kann, wenn die medizinische Betreuung nicht als Leistung im Sinne der erwähnten Bestimmung angesehen werden kann. In der betreffenden Rechtssache war eine in New York vorgenommene Behandlung nicht als Leistung anerkannt worden, weil sie Versuchscharakter hatte und nicht als „in ärztlichen Kreisen üblich“ angesehen werden konnte. In einem anderen Urteil, vom 19. Dezember 1997, gab das gleiche Gericht der Krankenkasse, die Partei im Rechtsstreit war, mit der Begründung Recht, die streitige Behandlung, die in Deutschland erfolgt war, habe (noch) keine ausreichende wissenschaftliche Grundlage und trage nach der in den Niederlanden herrschenden Auffassung Versuchscharakter.


8: -     D. h., zwei Tage bevor sein Neurologe bei der Krankenkasse beantragte, die Behandlung in der genannten Klinik zu genehmigen.


9: -    Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der geänderten und aktualisierten Fassung der Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1).


10: -     Rechtssache C-120/95, Slg. 1998, I-1831.


11: -     Rechtssache C-158/96, Slg. 1998, I-1931.


12: -     Die Anzahl der Autoren, die diese beiden Urteile bisher kommentiert haben, liegt bereits über vierzig.


13: -     C. Nourissat schreibt in seinem Artikel „Quand Panacée rejoint l'Europe ou comment la Cour de justice consacre la liberté des soins dans la Communauté“, (La Semaine Juridique, édition générale 1999 II 10002): „La paire de lunettes de Nicolas Decker et le traitement orthodontique de Aline Kohll sont appelés à entrer dans la mythologie judiciaire communautaire aux côtés de la facture d'électricité de M. Costa ou de la liqueur de cassis de Dijon“; Ph. Gosseries, Journal des Tribunaux du Travail 1999, S. 446 bis 449, insbesondere S. 446, führt aus: „Les deux arrêts du 28 avril 1998 de la C.J.C.E. ... ont eu l'effet d'une .bombe' dans l'organisation des régimes de l'assurance soins de santé des Etats membres de l'Union européenne. Certains ont dit que la C.J.C.E., par ces deux arrêts, a provoqué une belle panique chez tous les gestionnaires d'organismes sociaux de sécurité sociale dans les Etats membres de l'Union ...“


14: -     In diesem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, die Artikel 30 und 36 EG-Vertrag stünden einer nationalen Regelung entgegen, derzufolge ein Träger der sozialen Sicherheit eines Mitgliedstaats einem Versicherten die pauschale Kostenerstattung für eine Brille mit Korrekturgläsern, die der Versicherte bei einem Optiker in einem anderen Mitgliedstaat gekauft habe, mit der Begründung versage, dass der Erwerb medizinischer Erzeugnisse im Ausland einer vorherigen Genehmigung bedürfe.


15: -     Ständige Rechtsprechung; siehe die Urteile vom 31. Januar 1984 in den verbundenen Rechtssachen 286/82 und 26/83 (Luisi und Carbone, Slg. 1984, 377, Randnr. 16) und vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C-204/90 (Bachmann, Slg. I-249, Randnr. 31).


16: -     Urteil vom 7. März 1986 in der Rechtssache 131/85 (Gül, Slg. 1986, 1573, Randnr. 17).


17: -     Der Gerichtshof nennt hier die Richtlinie 78/686/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Zahnarztes und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr (ABl. L 233, S. 1), die Richtlinie 78/687/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Tätigkeiten des Zahnarztes (ABl. L 233, S. 10) und die Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennungihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise (ABl. L 165, S. 1).


18: -     Ablehnend offenbar L. González Vaqué, „Aplicación del principio fundamental de la libre circulación al ámbito de la seguridad social: la sentencia Decker“, Revista de derecho comunitario europeo 1999, S. 129 bis 139, besonders S. 139; der Autor räumt jedoch ein, dass diese Rechtsprechung hinreichende Ansatzpunkte für eine Einschränkung ihrer eventuellen (schädlichen) kurz- und mittelfristigen Wirkungen auf die finanziellen Verhältnisse dieses sensiblen Sektors enthalte.


19: -     P. Mavridis, „Libéralisation des soins de santé: un premier diagnostic“ (Revue du Marché Unique Européen 1998, Nr. 3, S. 145 bis 196, insbesondere S. 195) äussert sich wie folgt: „... la jurisprudence d'hier sur les articles 30 et 59-60 contenait déjà celle d'aujourd'hui. Les arrêts Kohll et Decker ne sont donc ni .big bang', ni révolution, ni explosion, ni autre catastrophe naturelle. Ils étaient tout simplement annoncés depuis lomgtemps.“ J. Ph. Lernould, „Une caisse de sécurité est-elle tenue de rembourser les frais médicaux engagés par un assuré dans un autre Etat membre“, (Revue de droit sanitaire et social 1998, S. 616 bis 623, insbesondere S. 622) hält es für einen positiven Aspekt dieser beiden Urteile, dass sie eine Welle des Widerstands gegen die Praxis der Mitgliedstaaten ausgelöst haben, den Versicherten fast automatisch die Genehmigung zu verweigern, sich auf Kostenihrer Krankenkasse in einem anderen Mitgliedstaat medizinisch versorgen zu lassen. R. Giesen, Common Market Law Review 1999, S. 841 bis 850, insbesondere S. 850, billigt beide Urteile trotz der Überraschung, die sie bei ihrer Verkündung insbesondere in Deutschland hervorgerufen hätten.


20: -     Nach Ansicht von P. Cabral, „Cross-Border medical care in the European Union - bringing down a first wall“ (European Law Review 1999, S. 387 bis 395, insbesondere S. 395) ergibt sich diese Erstreckung implizit aus den Urteilen.


21: -     A. Bosscher, „La seguridad social de los trabajadores migrantes en la perspectiva del establecimiento del mercado interior“ (Los sistemas de seguridad social y el Mercado único europeo, Madrid 1993, S. 23 bis 33, insbesondere S. 32) vertritt die Auffassung, ein unbeschränktes Recht darauf, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um sich dort auf Kosten des zuständigen Staates versorgen zu lassen, würde in keinem vernünftigen Verhältnis zu den finanziellen Möglichkeiten der Träger der sozialen Sicherheit der einzelnen Mitgliedstaaten stehen.


22: -     Solche Zweifel äußert A. P. Van der Mei, „Cross-Border Access to Medical Care within the European Union - Some Reflections on the Judgments in Decker and Kohll“ (Maastricht Journal of European and Comparative Law 1998, S. 277 bis 297, insbesondere S. 293): „But what are the implications of the judgments? For which types of 'foreign' treatment are patients entitled to be reimbursed? In which cases can Member States refuse to pay the 'medical bill'? Do Member States have the right to protect themselves against a possible large influx of patients coming from abroad?“ Einige Autoren, so A. Bonomo (Giustizia Civil 1998, I, S. 2391 bis 2401, insbesondere S. 2401) sind der Meinung, die Verwirklichung des einheitlichen Marktes vertrage sich nicht mit staatlichen Regelungen, die derart einschränkend seien, dass sie für die Übernahme der in einem anderen Mitgliedstaat entstandenen medizinischen Kosten eine vorherige Genehmigung forderten und hierdurch in ungerechtfertigter Weise die Freizügigkeit der Kranken innerhalb der Gemeinschaft abbremsten.


23: -     Wie dies M. Thill, „.Decker' und .Kohll' ou la libre circulation des patients à l'intérieur de l'Union européenne et ses limites“ (Feuillet de liaison de la Conférence Saint-Yves 1999; Nr. 92/93, S. 57 bis 89, insbesondere S. 84) angekündigt hat.


24: -     Soviel Interesse ist nicht verwunderlich, wenn man sich Auffassungen wie die von P. de Mavridis, zitiert in Fußnote 19, insbesondere S. 171) vor Augen hält, der ausführt, das Verdienst der Urteile Kohll und Decker liege darin, den Versicherten unabhängig von den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und der Verordnung Nr. 1408/71 ein unmittelbares Recht zuerkannt zu haben, dergestalt dass sie sich nunmehr in einen anderen Mitgliedstaat begeben könnten, um medizinische Produkte zu erwerben und die aufgrund ihres Gesundheitszustands erforderliche medizinische Versorgung zu erhalten, und dass sie die Übernahme ihrer Kosten nach den im Versicherungsstaat geltenden Tarifen verlangen könnten. Der Autor erinnert seine Leser im Hinblick auf den Fall, dass die Kassen den Versicherten die Übernahme der Kosten verweigern sollten, an die Rechtsprechung in den Rechtssachen Brasserie du pêcheur und Factortame zum Grundsatz der Pflicht der Staaten zum Ersatz der den Einzelnen durch Verletzungen des Gemeinschaftsrechts entstandenen Schäden.


25: -     Eben auf diese Versuche weist A. P. Van der Mei, zitiert in Fußnote 22, S. 278 f., hin: „... in a number of border regions health insurers and health providers have concluded agreements which are aimed at giving patients the right to obtain care .on the other side of the border'“.


26: -     In der beim Gerichtshof anhängigen Rechtssache C-411/98 (Ferlini; siehe ABl. 1999, C 20, S. 18) hat sich gezeigt, dass in Luxemburg Personen, die einer medizinischen Versorgung bedürfen und nicht dem staatlichen System der sozialen Sicherheit angeschlossen sind, erheblich mehr bezahlen müssen als die dort Versicherten. Dem Sitzungsbericht in jener Rechtssache ist zu entnehmen, dass in dem Zeitraum, in dem sich die maßgeblichen Vorgänge zugetragen haben (1989), den dem luxemburgischen System der sozialen Sicherheit angeschlossenen Patientinnen für eine Entbindung 36 859 LUF berechnet wurden, während die Nichtversicherten für die gleiche Leistung in der gleichen Krankenanstalt 59 306 LUF (also 71,43 % mehr) zu zahlen hatten. Generalanwalt Cosmas hat in seinen in jener Rechtssache am 21. September 1999 vorgetragenen Schlussanträgen die Auffassung vertreten, eine solche unterschiedliche Behandlung verstoße gegen Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über dieFreizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2).


27: -     Urteil vom 4. Oktober 1991 in der Rechtssache C-159/90 (Society for the Protection of Unborn Children Ireland, Slg. 1991, I-4685, Randnr. 21).


28: -     Zitiert in Fußnote 15, Randnr. 16.


29: -     Urteile vom 17. Dezember 1981 in den Rechtssachen 279/80 (Webb, Slg. 1981, 3305, Randnrn. 8 und 10) und Kohll (zitiert in Fußnote 11, Randnr. 20).


30: -     Urteile vom 7. Februar 1984 in der Rechtssache 238/82 (Duphar u. a., Slg. 1984, 523, Randnr. 16) und vom 17. Juni 1997 in der Rechtssache C-70/95 (Sodemare u. a., Slg. 1997, I-3395, Randnr. 27) und Urteil Kohll (zitiert in Fußnote 11, Randnr. 17).


31: -     Man kann sagen, dass sie praktisch in allen Fällen kostenlos ist, unbeschadet dessen, dass bestimmte Leistungen von der Zahlung eines Beitrags durch die Versicherten abhängig sind. Dieser muss jedoch nach den geltenden Bestimmungen nicht für alle Versicherten gleich hoch sein.


32: -     Urteil vom 26. April 1988 in der Rechtssache 352/85 (Bond van Adverteerders, Slg. 1988, 2085, Randnr. 16).


33: -     Die Informationen über die Berechnung der Tarife sind der Broschüre „Wat is het CTG [College Tarieven Gezondheidszorg]“, Utrecht Januar 2000, insbesondere deren Abschnitt 5, entnommen, der die Überschrift trägt „Hoe komen budgetten en tarieven tot stand (Rekenvoorbeeld A: ziekenhuisbudget) (Rekenvoorbeeld B: Tarief voor huisartsbezoek)“. Ein Teil dieser Broschüre wurde in englischer Sprache veröffentlicht, und zwar unter dem Titel „What is the National Health Tariffs Authority“ (COTG, Utrecht 1995).


34: -     Das Budget wird auf der Grundlage von vier Faktoren errechnet: der Kosten der Infrastruktur; der Betriebskosten, die unabhängig vom Grad der Auslastung der Einrichtung feststehen; der halbfixen Kosten, die auf der Kapazität an Betten und fachärztlichen Einheiten gründen; schließlich der variablen Kosten, die vom Tätigkeitsumfang des einzelnen Krankenhauses abhängen.


35: -     Es handelt sich um innerstaatlich geltende Tarife für bestimmte Tätigkeiten des Krankenhauses. Hiervon gibt es etwa 1 600, die jede Art von Behandlung umfassen: Operationen, Diagnosen, Tests usw.


36: -     Dieser Tarif ist für jedes Krankenhaus verschieden; er weicht von einer Anstalt zur anderen stark ab. Vom Budget des Krankenhauses ausgehend, wird er in folgender Weise ermittelt: Vom Budget werden die durch die zusätzlichen Tarife erzielten Einnahmen abgezogen; die so errechnete Summe wird durch die geschätzte Zahl der Stationierungstage, d. h. der Tage, an denen ein Patient ein Bett belegt, geteilt. Der Tarif spiegelt nicht die tatsächlichen Kosten der Unterbringung wider, sondern wird herangezogen, um die Finanzierung der einzelnen Krankenhäuser auszugleichen. In dem in der genannten Broschüre genannten Beispiel beträgt die geschätzte Zahl der Stationierungstage für ein Krankenhaus X 115 000; auf ein Budget von 104 940 000 NLG angewandt und unter Zugrundelegung eines geschätzten Betrages von 36 355 000 NLG Einnahmen aus der Anwendung zusätzlicher Tarife kommt man zu einem Ergebnis von 596 NLG pro Stationierungstag.


37: -     Der Betrag umfasst Honorar, Feriengeld, Versicherungen, Zulagen, Prämien und Rentenpläne. Das Honorar wird auf der Basis der für Beamte geltenden Gehaltstabellen festgesetzt und jährlich angepasst.


38: -     Es bestehen allgemeine Richtlinien für die Berechnung der Betriebskosten der für die jeweilige ärztliche Fachrichtung erforderlichen Einrichtungen. Berücksichtigt werden die Kosten für Praxisräume, Auto, Assistenten, Telefon und Instrumente, räumliches Tätigkeitsgebiet, Instrumente usw. Die Kosten werden nach Maßgabe eines etwa neu auftretenden Bedarfs, wie z. B. der Ausrüstung der Praxis mit einem Computer, angepasst.


39: -    Dieser Tarif erhöht sich für jeden Versicherten, der älter als 64 Jahre ist, auf 157 NLG.


40: -     Das System der Vergütung der unter Vertrag stehenden Ärzte, die im Rahmen der Pflichtkrankenversicherung Behandlungen vornehmen, unterscheidet sich deutlich von dem System, das für Privatpersonen gilt; hier gibt es keinen Pauschaltarif, vielmehr zahlt der Patient für jede Konsultation.


41: -     Es handelt sich um verbeamtetes oder quasi verbeamtetes Personal, dessen Rechtsverhältnis zu den Trägern der sozialen Sicherheit in einigen Mitgliedstaaten öffentlich-rechtlicher Natur ist.


42: -     Das französische und das belgische System werden von den gleichen Grundsätzen beherrscht.


43: -     Diese Beurteilung erstreckt sich auch auf die Versorgung in Krankenanstalten: Auch wenn die Rechnung nicht vom Versicherten, sondern von der Krankenkasse beglichen wird, erfolgt die Zahlung doch für jede ärztliche Handlung nach Maßgabe der Kosten der Leistung.


44: -     Wegen einer ausführlichen Untersuchung der in den Mitgliedstaaten geltenden Systeme der sozialen Sicherheit siehe R. Langer, „Grenzüberschreitende Behandlungsleistungen - Reformbedarf für die Verordnung 1408/71?“ (Neue Zeitschrift für Sozialrecht 11/1999, S. 537 bis 542, insbesondere S. 537 bis 539). Die Verfasserin unterscheidet zwischen „sogenannten reinen Versicherungsmodellen“, zu denen sie das luxemburgische, das belgische und das französische System rechnet, „staatlichen Gesundheitssystemen“, als welche sie die Mehrheit der Systeme der Mitgliedstaaten ansieht, und „so genannten Mischsystemen“, zu denen sie das deutsche, das österreichische und das niederländische System zählt.


45: -     Urteil vom 27. September 1988 in der Rechtssache 263/86 (Humbel, Slg. 1988, 5365, Randnrn. 15 bis 19).


46: -     Urteil vom 7. Dezember 1993 in der Rechtssache C-109/92 (Wirth, Slg. 1993, I-6447, Randnrn. 16 und 17).


47: -     Urteil vom 17. Februar 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-159/91 und C-160/91 (Poucet und Pistre, Slg. 1993, I-637, Randnrn. 17 und 18).


48: -     Urteil vom 23. April 1991 in der Rechtssache C-41/90 (Höfner und Elser, Slg. 1991, I-1979, Randnr. 21).


49: -     Urteil vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-381/93 (Kommission/Frankreich, Slg 1994, I-5145, Randnr. 17); Urteil Kohll (zitiert in Fußnote 11, Randnr. 35).


50: -     Urteile Luisi und Carbone sowie Bachmann (zitiert in Fußnote 15, Randnr. 16 bzw. 31) und Kohll (zitiert in Fußnote 11, Randnr. 35).


51: -     Urteil vom 3. Dezember 1974 in der Rechtssache 33/74 (Van Binsbergen, Slg. 1974, 1299, Randnr. 25). Siehe auch die Urteile vom 18. Januar 1979 in den verbundenen Rechtssachen 110/78 und 111/78 (Van Wesemael u. a., Slg. 1979, 35, Randnr. 27) sowie in der Rechtssache Webb (zitiert in Fußnote 29, Randnr. 14).


52: -     Urteile vom 5. Dezember 1989 in der Rechtssache C-3/88 (Kommission/Italien, Slg. 1989, 4035, Randnr. 8) und vom 3. Juni 1992 in der Rechtssache C-360/89 (Kommission/Italien, Slg. 1992, I-3401, Randnr. 11).


53: -     Urteile Bond van Adverteerders u. a.(zitiert in Fußnote 32, Randnr. 32) und vom 18. Juni 1991 in der Rechtssache C-260/89, (ERT, Slg. 1991, I-2925, Randnr. 24).


54: -     Urteil Bond van Adverteerders u. a. (zitiert in Fußnote 32, Randnr. 34).


55: -     Als Beispiel für diese Unterschiede kann ich das allgemeine System der sozialen Sicherheit Spaniens anführen, dessen medizinische Versorgung im Bereich der Stomatologie und der Zahnheilkunde, sowohl was die Kosten als auch was die Einordnung betrifft, Füllungen (außer bei Patienten unter vierzehn Jahren), Endodontie, Zahnprothesen, osteointegrierte Implantationen und Kieferorthopädie von der Erstattung ausschließt.


56: -     So war in Spanien der Andalusische Gesundheitsdienst anscheinend die erste Stelle des öffentlichen Gesundheitswesens, die die Geschlechtsumwandlung in ihren Leistungskatalog aufgenommen hat.


57: -     Um ein Beispiel für einen solchen unterschiedlichen Leistungsumfang zu geben: Fräulein Kohll hätte sich von einem privaten Facharzt in Spanien ihre Zähne behandeln und sich die Kosten in Luxemburg erstatten lassen können; dagegen kann ein an das spanische System der sozialen Sicherheit angeschlossener Versicherter eine solche Behandlung nirgends vornehmen lassen, wenn er nicht die gesamten Kosten auf sich nimmt.


58: -     Urteile in den Rechtssachen Duphar, Sodemare u. a. (zitiert in Fußnote 30, Randnrn. 16 bzw. 27).


59: -     Urteile vom 24. April 1980 in der Rechtssache 110/79 (Coonan, Slg. 1980, 1445, Randnr. 12) und vom 4. Oktober 1991 in der Rechtssache C-349/87 (Paraschi, Slg. 1991, I-4501, Randnr. 15); Urteil Kohll (zitiert in Fußnote 11, Randnr. 17).


60: -     Urteil vom 30. Januar 1997 in den verbundenen Rechtssachen C-4/95 und C-5/95 (Stöber und Piosa Pereira, Slg. 1997, I-511, Randnr. 36); Urteil Kohll (zitiert in Fußnote 11, Randnr. 18).


61: -     Urteile Coonan (zitiert in Fußnote 59, Randnr. 12), vom 18. Mai 1989 in der Rechtssache 368/87 (Hartman Troiani, Slg. 1989, 1333, Randnr. 21), vom 21. Februar 1991 in der Rechtssache C-245/88 (Daalmeijer, Slg. 1991, I-555, Randnr. 15), vom 20. Oktober 1993 in der Rechtssache C-297/92 (Baglieri, Slg. 1993, I-5211, Randnr. 13) und vom 30. Januar 1997 in der Rechtssache C-340/94 (De Jaeck, Slg. 1997, I-461, Randnr. 36).


62: -     Dieser Sachverhalt unterscheidet sich eindeutig von demjenigen, der der durch das Urteil vom 25. Juli 1991 entschiedenen Rechtssache C-353/89 (Kommission/Niederlande, Slg. 1991, I-4069) zugrunde lag; dort hat der Gerichtshof entschieden, es sei nicht erforderlich, dass alle Unternehmen eines Mitgliedstaats gegenüber ausländischen Unternehmen bevorzugt würden; es genüge, dass die erlassene Vorzugsregelung einen inländischen Dienstleistungserbringer bevorzuge. In jener Rechtssache hatte die Kommission dem genannten Mitgliedstaat einen Vorwurf daraus gemacht, dass er die auf seinem Gebiet errichteten inländischen Rundfunkanstalten verpflichtet hatte, mit der Durchführung aller ihrer Programme oder eines Teils derselben ein niederländisches Unternehmen zu beauftragen.


63: -     Richtlinie zitiert in Fußnote 17.


64: -     Urteile vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-76/90 (Säger, Slg. 1991, I-4221, Randnr. 12) und vom 5. Juni 1997 in der Rechtssache C-398/95 (SETTG, Slg. 1997, I-3091, Randnr. 16).


65: -     Urteile vom 4. Dezember 1986 in der Rechtssache 205/84 (Kommission/Deutschland, Slg. 1986, 3755, Randnr. 27), vom 26. Februar 1991 in der Rechtssache C-180/89 (Kommission/Italien, Slg. 1991, I-709, Randnrn. 17 und 18) und vom 20. Mai 1992 in der Rechtssache C-106/91 (Ramrath, Slg. 1992, I-3351, Randnrn. 29 bis 31).


66: -     Urteil vom 18. März 1980 in der Rechtssache 62/79 (Coditel, Slg. 1980, 881, Randnr. 18).


67: -     Urteil Van Wesemael (zitiert in Fußnote 51, Randnr. 28).


68: -     Urteile Webb (zitiert in Fußnote 29, Randnr. 19), vom 3. Februar 1982 in den verbundenen Rechtssachen 62/81 und 63/81 (Seco, Slg. 1982, 223, Randnr. 14), vom 27. März 1990 in der Rechtssache C-113/89 (Rush portuguesa, Slg. 1990, I-1417, Randnr. 18), vom 9. August 1994 in der Rechtssache C-43/93 (Vander Elst, Slg. 1994, I-3803, Randnr. 23) und vom 28. März 1996 in der Rechtssache C-272/94 (Guiot, Slg. 1996, I-1905, Randnr. 16).


69: -     Urteile vom 4. Dezember 1986 in den Rechtssachen 220/83 (Kommission/Frankreich, Slg. 1986, 3663, Randnr. 20), 252/83 (Kommission/Dänemark, Slg. 1986, 3713, Randnr. 20), Kommission/Deutschland (zitiert in Fußnote 65, Randnr. 30), 206/84 (Kommission/Irland, Slg. 1986, 3817, Randnr. 20); vom 26. Februar 1991 in der Rechtssache C-198/89 (Kommission/Griechenland, Slg. 1991, I-727, Randnr. 21) und vom 9. Juni 1997 in der Rechtssache C-222/95 (Parodi, Slg. 1997, I-3899, Randnr. 32).


70: -     Urteil vom 9. Juli 1997 in den verbundenen Rechtssachen C-34/95, C-35/95 und C-36/95 (De Agostini und TV-Shop, Slg. 1997, I-3843, Randnr. 53).


71: -     Urteile vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-288/89 (Collectieve Antennenvoorziening Gouda, Slg. 1991, I-4007, Randnrn. 23 und 25), vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-353/89 (Kommission/Niederlande, Slg. 1991, I-4069, Randnr. 30) und vom 3. Februar 1993 in der Rechtssache C-148/91 (Veronica Omroep Organisatie, Slg. 1993, I-487, Randnr. 15).


72: -     Urteil vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache C-3/95 (Reisebüro Broede, Slg. 1996, I-6511, Randnr. 36).


73: -     Urteile vom 28. Januar 1992 in den Rechtssachen C-300/90 (Kommission/Belgien, Slg. 1992, I-305, Randnr. 21) und Bachmann (zitiert in Fußnote 15, Randnr. 28); Urteil vom 14. November 1995 in der Rechtssache C-484/93 (Svensson und Gustavsson, Slg. 1995, I-3955, Randnr. 16).


74: -     Urteil vom 10. Mai 1995 in der Rechtssache C-384/93 (Alpine Investments, Slg. 1995, I-1141, Randnr. 44).


75: -     Urteil vom 26. Februar 1991 in der Rechtssache C-180/89 (Kommission/Italien, Slg. 1991, I-709, Randnr. 20).


76: -     Urteile vom 26. Februar 1991 in den Rechtssachen C-154/89 (Kommission/Frankreich, Slg. 1991, I-659, Randnr. 17) und C-198/89 (Kommission/Griechenland, Slg. 1991, I-727, Randnr. 21).


77: -     Urteil Kohll (zitiert in Fußnote 11, Randnr. 41).


78: -     Zitiert in Fußnote 11, Randnr. 41.


79: -     Zitiert in Fußnote 11, Randnrn. 50 und 51.


80: -     Zitiert in Fußnote 10.


81: -     Zitiert in Fußnote 11.


82: -     Ebenda.


83: -     Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, KOM/98/779 endg. (ABl. 1999, C 38, S. 10).


84: -     Der vorgeschlagene Text lautet wie folgt: „Genehmigung zur Inanspruchnahme angemessener Behandlung außerhalb des zuständigen Staates. Personen, die vom zuständigen Träger die Genehmigung erhalten haben, sich in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zu begeben, um dort eine ihrem Zustand angemessene Behandlung zu erhalten, erhalten Sachleistungen für Rechnung des zuständigen Trägers vom Träger des Aufenthaltsorts nach den von diesem Träger anzuwendenden Rechtsvorschriften, als ob sie nach diesen Rechtsvorschriften versichert wären. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die betreffende Behandlung Teil der Leistungen ist, die nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats oder des Wohnstaats des Betreffenden vorgesehen sind und die Betreffenden in Anbetracht ihres derzeitigen Gesundheitszustands und des voraussichtlichen Verlaufs der Krankheit diese Behandlung nicht in einem normalerweise erforderlichen Zeitraum erhalten können.“


85: -     Ebenso R. Cornelissen, „The priniple of territoriality and the Community regulations on social security (Regulations 1408/71 and 574/72)“, Common Market Law Review 1996, 33, S. 439 bis 471, insbesondere S. 465 f.


86: -     Zitiert in Fußnote 10.


87: -     Zitiert in Fußnote 11.


88: -     A. P. Van der Mei, zitiert in Fußnote 22, S. 286, 287 äußert sich hierzu wie folgt: „In all other cases authorisation may be refused. The Regulation thus leaves it largely to the Member States to decide whether or not authorisation is given, and in practice, authorisation is indeed usually refused. National laws and regulations limit the number of circumstances in which the health (insurance) institutions may grant authorisation, and within these limits the relevant institutions appear to follow rather strict authorisation policies.“


89: -     „Es waren da Liegehallendamen verschiedener Nationalität ..., untermischt mit ... monokeltragenden Siebzehnjährigen; einem bebrillten jungen Holländer mit rosigem Gesicht und monomanischer Leidenschaft für den Briefmarkentausch; verschiedenen Griechen, pomadisiert ... Der bucklige Mexikaner, dem Nichtkenntnis der hier vertretenen Sprachen den Gesichtsausdruck eines Tauben verlieh ...“ (Thomas Mann, Der Zauberberg, S. Fischer Verlag GmbH 1974, S. 324 f.).


90: -    Gemäß J. Le Grand, „La asistencia sanitaria y la construcción del mercado único: perspectiva y problemática“, (Mercado único europeo y seguridad social, Madrid 1993, S. 332 f.) kann der Sozialtourismus diejenigen Staaten, die Patienten an andere Systeme der Gesundheitsfürsorge verlieren, dazu veranlassen, ihre medizinischen Dienstleistungen zu verbessern. Der Autor betont jedoch, dass eine solche Möglichkeit in der Praxis von der für die Vergütung der medizinischen Dienstleistungen geltenden Regelung abhängen werde: Beruhe diese auf an die geleisteten Dienste anknüpfenden Honoraren, so bestehe ein Anreiz dafür, so viele Kranke wie möglich zu behandeln; hänge sie von der Anzahl der Personen ab, die in den Listen geführt würden, so werde es lohnend erscheinen, verhältnismäßig gesunde Patienten weiterhin in den Listen zu belassen und diejenigen Kranken, die kostspielige Behandlungen benötigten, auf die Sozialsysteme anderer Länder zu verweisen; erfolge die Vergütung schließlich in Form eines Gehalts, so werde ein Anreizzu dem Versuch bestehen, möglichst wenig Patienten zu behalten. Nach Ansicht des Autors können die beiden letztgenannten Situationen zu einem von den Dienstleistenden ausgelösten Sozialtourismus führen; diese würden ihre Patienten zu überreden versuchen, sich an andere Stellen, auch in anderen Mitgliedstaaten, zu wenden, um sich dort behandeln zu lassen.